Nach einer knappen Woche sind wir bereit für Australien. Mit wohlig gefüllten Mägen und wohl noch immer nach Curry duftend, steigen wir ins Flugzeug. Über Brisbane fliegen wir nach Darwin, was zwar ein absoluter Blödsinn ist, da Darwin näher an Singapore als an Brisbane liegt. Aber da wir unsere Reise in Brisbane beenden werden, ist es finanziell die günstigere Variante. Dank Fensterplätzen und dem guten Wetter, sehen wir so auch schon einen grossen Teil des Landes von oben. Nachdem wir den grünen Gürtel der Küste hinter uns gelassen haben, wird das Land karg und einsam. Erst kurz vor Darwin wird die Gegend wieder grün. Darwin, die Hauptstadt von den Northern Territories, dem sogenannten Top End, erschlägt uns beinahe, klimatisch betrachtet. Es ist heiss hier, sehr heiss! Dazu kommt die fast 100prozentige Luftfeuchtigkeit; es ist wie in der sprichwörtlichen Waschküche. Dagegen war Singapore richtiggehend unterkühlt. Es erklärt auch, weshalb wir kaum Leute sehen. Ausser im klimatisierten Shoppingcenter, am Abend im Pub oder im Swimming Pool, wo zwar das Wasser fast gleich heiss ist wie die Luft, und die Abkühlung darin besteht, das Wasser auf der Haut verdunsten zu lassen. Michelle, von der Garage, wo wir unser Mietfahrzeug entgegen nehmen, erzählt uns, dass sie auf Weihnachten eine riesige Eismaschine gemietet hat. So kann sie dann, wenn ihre ganze Familie nach Darwin hoch kommt, grosse Eisquader im Swimming Pool versenken und die Wassertemperatur auf erträglichere Werte bringen. Eine typisch australische Idee!
Unser Fahrzeug für die nächsten fünf Monate ist ein Bushcamper, ein Toyota Landcruiser mit Hochdach. Drin hat’s ein Bett, Kühlschrank, Lavabo, Wassertank und eine vollständige Campingausrüstung. Mit den zwei 90 Liter Dieseltanks haben wir auch eine genügend grosse Reichweite. Wir stellen unser Gepäck ins Auto und fahren ins Free Spirit Resort, wo wir uns für ein paar Tage in ein klimatisiertes Cabin einmieten. Tagsüber gehen wir einkaufen: Entweder ins Shopping Center oder in den NT General Store. Das ist DER Outdoorladen im Top End. In einem alten Gebäude mit Vorhof gibt es alles, was der Reisende fürs Outback benötigt. Alles, aber auch wirklich alles findet man hier. Nachmittags liegen wir im Schatten am Pool oder besuchen das NT Museum. Hier erfährt man unter anderem alles über den Cyclone Tracy, der 1974 Darwin beinahe vollständig zerstört hatte. Abends fahren wir dann jeweils ins Zentrum und lassen den Tag in einem Pub ausklingen. Meistens im Shenanigans, weil hier am meisten los ist, und natürlich wegen dem guten Essen. Der Barramundi (ein lokaler Fisch) und die Steaks sind ausgezeichnet, und das Bier schmeckt auch.
Die unglaubliche Menge Material, die sich mittlerweile in unserem Cabin angesammelt hat, verschwindet eins nach dem anderen im Bushcamper. Die bange Frage, ob unsere Sachen auch nur halbwegs Platz haben, ist somit beantwortet. Nach einem letzten guten Frühstück im Ducks Nuts und einem kurzen Einkauf im NT General Store (diesmal sind es Lederhüte) sind wir bereit, Australien unter die Räder zu nehmen.
Unser erstes Ziel ist der Litchfield Nationalpark. Wir erreichen ihn über die 50 km Schotterpiste und erhalten gleich einen Vorgeschmack auf australisches Wellblech. Am schönen Wangi Wasserfall nehmen wir ein langes erfrischendes Bad. Der kleine See liegt schattig von Felsen und hohen Bäumen umgeben – genau das Richtige in dieser heissen Jahreszeit. Nachts, als wir im Bett liegen, die Temperatur auf 30° C runter kühlt, und kein Lüftchen durch die kleinen Autofenster kommt, vermissen wir unser luftiges Dachzelt. Sobald am Morgen früh die Sonne aufgeht, nützt es auch nichts, dass wir im Schatten der Bäume stehen, es wird sofort zu heiss im Auto. Also stehen wir auf, frühstücken, duschen und fahren weiter. Wir sind froh, hat der Bushcamper eine Klimaanlage. (Was in Australien eine Selbstverständlichkeit, ja sogar eine Notwendigkeit ist.)
In Anbetracht der Jahreszeit verzichten wir auf einen Besuch des Kakadu Nationalparks. So kurz vor der Regenzeit ist alles dürr und braun, und die berühmten Wasserfälle ausgetrocknet. Über Katherine, wo wir uns an den Mangobäumen des Campingplatzes bedienen können, kommen wir auf den Victoria Highway. Jetzt wird es einsam. Es dauert gut eine Viertelstunde, bis uns jeweils wieder ein Fahrzeug entgegen kommt. Die Ortschaften sind dünn gesät und bestehen kaum mehr als aus einem Roadhouse. Das ist die australische Version einer Raststätte, mit Tankstelle, Pub, ein paar Zimmer, WC, Dusche, meistens ein paar Stellplätze für Camper und wenn’s gut geht Bäume, um das Auto in den Schatten zu stellen. Die Landschaft bis Kununurra ist sehr schön, aber es ist leider zu heiss, um länger als für einen Bisi-Stopp auszusteigen. Das Thermometer zeigt weit über 40° C, und die Sonne brennt unbarmherzig.
In Kununurra gönnen wir uns wieder ein kühles Cabin und ein gutes Abendessen im stimmungsvollen Pub. Wir beschliessen, auf die berühmte Gibb River Road durch die Kimberleys zu verzichten. Ende Saison soll die Piste offenbar in einem sehr schlechten Zustand sein (Wellblech), ausserdem hat es vor ein paar Tagen zum ersten Mal geregnet, so dass Tracks in die schönen Schluchten bereits alle geschlossen sind, und nur noch die Hauptpiste befahren werden kann. Ausserdem ist es uns einfach zu heiss, um diese Gegend ausgiebig zu besichtigen. Dazu müsste man im Winterhalbjahr herkommen. Auch die Bungle Bungles sind im Moment nicht erreichbar, weil die Strasse dorthin wegen Regen für ein paar Tage zu ist. Wenn auf den nassen Schotterpisten gefahren wird, macht das die Strasse sehr schnell unpassierbar und muss neu flachgewalzt werden. Deshalb werden sie jeweils gesperrt.
Im Don Don Roadhouse machen wir einen Halt. Es ist ein sehr gepflegtes Roadhouse mit Tischdecken und hübscher Dekoration. Während wir uns verpflegen, können wir zusehen, wie zwei Polizeibeamte einem jungen Mann die theoretische Fahrprüfung abnehmen. Dazu haben sie sogar eine Tafel zur Kontrolle der Sehfähigkeit mit dabei. Auf dem Fragebogen wird der junge Aborigine wohl auch wichtige Fragen zu Kreisverkehr oder Ampeln beantworten müssen, Dinge die er hier im Outback nie zu Gesicht bekommt. Später wird er wohl noch ein paar Minuten auf der schnurgeraden beinahe verkehrsfreien Strasse fahren müssen. Und vor dem Roadhouse sind keine Parkplätze aufgezeichnet, so dass das Parken auch nicht allzu schwierig werden dürfte.
Die Landschaft ist sehr schön, mit interessanten Felsformationen und immer wieder wechselnder Vegetation. Es hat viele, zum Teil mächtige Baobab. Das sind diese Bäume, die aussehen, als hätte sie jemand samt Wurzeln aus dem Boden gerissen und verkehrt rum wieder eingepflanzt.
Die Bilder zur Australienreise findest du hier: Flickr