Südliches Afrika 1999-2000


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Capetown

Am 4. Oktober 1999 beginnt unsere 6-monatige Reise durch den südlichen Teil Afrikas. Auf früheren Reisen sind wir einfach mal von zuhause losgefahren, nach dem Motto: Wenn nicht heute, dann morgen. Nicht so jetzt. Am Donnerstag die Wohnung leer räumen, freitags putzen, samstags die Wohnung abgeben und am Sonntag ins Flugzeug Richtung Afrika. Da war es natürlich ein Schock, am Donnerstag morgen so nebenbei zu erfahren, dass unser reiseerfahrener Prinz, ein Appenzellermischling, uns nicht begleiten kann. Rein technisch wäre es mit grossem Aufwand möglich gewesen, jedoch in einem Frachtflugzeug, wo er dann in Johannesburg umgeladen worden wäre. Als „Frachtgut“ wäre es auch sehr teuer gekommen, weil dann nicht das Gewicht sondern die Abmessungen der Flugbox massgebend wären. Ausserdem wäre die Zeit viel zu kurz gewesen, um das alles in die Wege zu leiten, und wir hätten neue Tickets kaufen müssen. Aufgrund falscher Angaben der Swissair erfuhren wir das erst ganze drei Tage vor Abflug. Hätten wir das bereis früher gewusst, hätten wir uns wohl entschieden, in eine andere Gegend zu reisen. Dazu ist es jetzt zu spät, auch weil der Container mit unserem Auto drin, bereits auf hoher See Richtung Kapstadt unterwegs ist.
Also haben wir Prinz an ein gutes Plätzchen in die Ferien gegeben und uns dabei natürlich schlecht gefühlt.

Am Flughafen holen wir unseren gebuchten Mietwagen und fahren ziellos auf der Suche nach einer Unterkunft in Capetown umher. Schlussendlich werden wir in Hout Bay fündig. In Charlotte’s Guesthouse, bei Jochen und Daniela, quartieren wir uns für die nächsten Tage bis zur Ankunft unseres Autos ein. Jeden Morgen geben sie uns neue Tipps, was wir wo besichtigen könnten, und immer kommen wir begeistert von unseren Ausflügen zurück.
Wir geniessen den Frühling am Kap und freuen uns jeden Tag mehr darauf, endlich losfahren zu können. Dazu muss aber erst die ‚City of Capetown‘, das Schiff mit unserem Landcruiser drauf, hier in Kapstadt eintreffen.

Am Tag, wo das Schiff in Kapstadt eintreffen soll, ist Albi ganz zuversichtlich, dass wir heute bereits unser Auto in Empfang nehmen können. Er rasiert sich und nimmt sogar das Handy mit an den Frühstückstisch. Er erwartet wohl schon früh einen Anruf mit „Mr. Graf, the container is ready, you can drive your car out.“
Und wirklich, während des Frühstücks klingelt das Telefon – die Schiffsagentur. Wir halten alle den Atem an und hören gespannt mit. „Hello Mr. Graf, did you see the news?“ Der Wind bläst so stark, dass im Hafen nicht gearbeitet werden kann und unser Schiff draussen auf See warten muss. So bleibt uns nichts anderes übrig, als auch zu warten.

Nach vier Tagen Südostwind mit Geschwindigkeiten von durchschnittlich 65 km/h ist es dann soweit: Im Hafen wird wieder gearbeitet. Nur leider konnte die ‚City of Capetown‘ nicht so lange warten und ist nun unterwegs nach Durban, wo sie eilige Güter abladen muss. Unser Container wird dann dort auf ein anderes Schiff umgeladen und hierher zurückgebracht. Das wird wohl noch eine Woche in Anspruch nehmen.

Wir haben in und um Kapstadt mittlerweile beinahe alles gesehen und wollen endlich losfahren. Also packen wir unsere Sachen zusammen und besuchen die sogenannte Gartenroute. Von Wilderness aus machen wir schöne Tagesausflüge mit dem Mietauto und sind nach einer Woche wieder zurück in Kapstadt.
Ein Telefonanruf auf die Schiffsagentur, wo wir zu hören kriegen: „Did you see the news?“ In Durban regnet es seit ein paar Tagen in Strömen, die halbe Stadt ist überschwemmt, und im Hafen, wo unser Container im Moment steht, kann nicht gearbeitet werden. Wir sind frustriert und fragen uns, weshalb Afrika uns nicht willkommen heissen will.

Nach ein paar weiteren Tagen und schlussendlich zwei Wochen Verspätung können wir am 3. November endlich unseren Landcruiser aus dem Container fahren. Am nächsten Tag machen wir uns dann auf den Weg Richtung Norden, der Sonne entgegen.

Namibia

Am Oranje Fluss überqueren wir die Grenze zu Namibia und fahren auf Schotterstrassen, den sogenannten Pads, zum Fish River Canyon. Diese Naturstrassen sind im allgemeinen in sehr gutem Zustand, so dass man problemlos die erlaubten 120 km/h fahren könnte. Aber die Bodenhaftung ist so schlecht, dass man riskiert, bei starkem Bremsen oder abrupten Ausweichmanövern das Auto zu überrollen. Schon vielen Touristen sind die Pads zum Verhängnis geworden, und wir beschränken uns rigoros auf max. 80 km/h.

Der Fish River Canyon ist sehr eindrücklich, wenn auch nicht mit seinem grossen Bruder, dem Grand Canyon in Arizona, zu vergleichen. Wir schauen uns auch nur kurz um, denn wir sind in Eile. Wir möchten gerne vor dem ersten Regen im Etosha Nationalpark sein, weil sich dann die Tiere um die wenigen noch vorhandenen Wasserlöcher konzentrieren. Auf dem Weg dorthin machen wir nur kurz halt in der Hauptstadt Windhoek und im Waterberg Plateau Park.

Der Etosha Nationalpark ist für uns der erste Tierpark Afrikas, und entsprechend haben wir so unsere Hoffnungen, was wir alles an Tieren sehen werden. Bereits auf den ersten 17 km zum Okaukuejo Camp werden wir mit Springböcken, Zebras und Giraffen belohnt. Wir können es noch gar nicht fassen und sind so richtig aus dem Häuschen. Alles, was wir am ersten Tag zu Gesicht bekommen, müssen wir natürlich x-mal fotografieren: Gnus, Strausse, Oryxantilopen, Giraffen, Zebras und Springböcke. Am Abend zeigen sich am Wasserloch noch ein paar Nashörner.
Am nächsten Morgen klingelt um sechs Uhr früh der Wecker. So sind wir bereit, zwanzig Minuten später aus dem Camp zu fahren. Früher geht’s nicht, weil die Tore von Sonnenuntergang bis -aufgang geschlossen bleiben. Es könnte sich ja sonst irgend eine Raubkatze hineinschleichen.
Im Verlauf der nächsten fünf Tage bekommen wir noch weitere Tiere zu Gesicht: Elefanten, Impalas, Kudus, Warzenschweine, viele Vögel, Hyänen, Löwen, Schakale, Geparden und sogar einen Leoparden. Es zeigt sich, dass sich unsere Hast gelohnt hat, denn nach vier Tagen kommt der erste Regen, und da es jetzt überall genug Wasser hat, sieht man nun keine riesigen Herden mit zum Teil Tausend Tieren mehr.

Um an die Skeleton Coast zu gelangen, fahren wir durch das schöne Damaraland. Dort sehen wir die seltenen Hartmanns Bergzebras und erneut einen Leoparden. Offenbar gibt es von diesen schönen Katzen viele Exemplare, aber da sie nachtaktiv und sehr scheu sind, ist es schwierig, sie zu Gesicht zu bekommen. Ans Fotografieren denken wir natürlich erst, als er schon wieder von der Strasse weg ist!

Am Tor zum Skeleton Coast Park müssen wir uns eintragen, wohl damit wir an diesem feindlichen Küstenabschnitt ohne Wasser oder Vegetation nicht verloren gehen.
Die 300 km bis Swakopmund sind unendlich einsam und landschaftlich recht langweilig, nur ab und zu sieht man am Strand einen Bakkie (Pick-up) mit einem Hobby-Fischer, der direkt am Meer entlang fährt, um die beste Stelle zum fischen zu finden.
Es hat auch immer wieder riesige Campingplätze, die sich offenbar in der Ferienzeit restlos mit begeisterten Anglern füllen. Wir können uns nicht vorstellen, wie man hier seinen Urlaub verbringen kann, es hat hier nichts ausser Sand, eiskaltes aufgewühltes Meer, Wind und Nebel, kein Dorf, kein Restaurant, kein Laden, nur Plumpsklos und Feuerstellen, um den Fang zu grillen.
Da gefällt uns Swakopmund viel besser, auch wenn uns das neblige und kühle Wetter schon bald wieder in die Wüste treibt. Vorher stocken wir noch unsere Lebensmittel- und Geldvorräte auf und lassen das Auto waschen, was etwa anderthalb Stunden dauert. Da war eine Schicht Staub, eine Schicht Etoshakalk, eine weitere Schicht Staub und zum Schluss eine feuchte Salzschicht von der Küstenstrasse über dem Lack, das muss endlich mal weg.
Die Nacht verbringen wir im Namib Park ganz alleine in der Natur, umgeben von einem riesigen Sternenhimmel, wo es nur so Sternschnuppen regnet. Mindestens jede Sekunde fällt eine Schnuppe, die sich über den halben Himmel zieht.

Unser nächster Höhepunkt sind die Dünen von Sossusvlei, diese riesigen rosa Dünen, die in keinem Namibia-Werbeprospekt fehlen dürfen. Auf den 70 km vom Camp bis zum Vlei fährt man immer tiefer in diese grandiose Wüstenlandschaft hinein, und zum Schluss darf man dann die letzten vier Kilometer durch tiefen Sand fahren. Natürlich nur mit Allrad! Die normal angetriebenen Fahrzeuge müssen am 2×4 Parkplatz halten, und ihre Fahrer müssen zu Fuss weiter.
Wir wollen natürlich endlich mal erfahren, wie sich unser Cruisy im Sand bewährt und fahren ohne Luft abzulassen weiter. Souverän, wie es sich gehört!
Am nächsten Tag fahren wir um fünf Uhr, als das Tor geöffnet wird, los, damit wir die Dünen auch noch bei Sonnenaufgang anschauen können. Etwas schneller als mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit fahrend erreichen wir das Sossusvlei als erste gerade vor Sonnenaufgang und können das Schattenspiel auf den Dünen bewundern.

Über Windhoek, Otjiwarongo und Grootfontein erreichen wir im Norden Namibias den Cattle Control Fence (Rinderzaun), der quer durch das ganze Land führt und verhindern soll, dass die Maul- und Klauenseuche die Rinderfarmen bedroht. Im Reiseführer steht, dass hier die Erste Welt endet und die Dritte Welt beginnt, und wirklich, wir befinden uns plötzlich im „echten“ Afrika. Weil es hier keine grossen Farmen mehr hat, sind die Zäune rechts und links der Strasse verschwunden, dafür gibt es Viehhirten, aus Stroh gebaute Rundhütten und imposante Langhornrinder.

Botswana

Ab Rundu fahren wir dem Okavango Fluss entlang, bis wir in Maun, dem Touristenhauptort von Botswana, ankommen. Hier wollen wir eigentlich einen Rundflug über das Okavango-Delta machen, aber das gewittrige Wetter hält uns davon ab.

Dafür fahren wir in den Chobe Nationalpark, der bekannt ist für die vielen Elefanten. 45000 Stück sollen hier leben – was für die Grösse des Parks offenbar viel zu viele sind. Im südlichen Teil sehen wir nur ganz wenige dieser Dickhäuter, dafür überall die Spuren der fressgierigen Viecher. Die wenige Vegetation, die es jetzt am Ende der Trockenzeit überhaupt noch hat, ist bis aufs letzte Blatt abgefressen.
Der Park besteht fast nur aus Sand, vor allem die Pisten sind sehr, sehr sandig, und unser Cruisy kämpft sich hochtourig voran.

Die sanitären Anlagen des Savuti Camps sind zum Schutz vor den Elefanten von einer Betonmauer und einem massiven Erdwall umgeben. Früher wurden die WC-Anlagen von den durstigen Tieren auf der Suche nach Wasser immer wieder zerstört. Wir stellen uns irgendwo daneben und gehen bei Sonnenuntergang bereits ins Bett, weil das Camp nicht umzäunt ist und nachts scheinbar gerne von Löwen besucht wird.

Wir haben diesen Teil des Parks praktisch für uns alleine, was auch gut ist, denn das Ausweichen auf den Sandpisten wäre nicht einfach. Man findet nicht überall Stellen, wo man anhalten könnte, ohne steckenzubleiben.
Die nächste Nacht verbringen wir am Chobe Fluss im Ihaha Camp, wo wir die einzigen Besucher sind. Nachts müssen wir noch unser Auto umparken, weil wir blöderweise gleich unter einem Baum voller Paviane stehen und uns das laute Familienleben am schlafen hindert.

Wir erwachen zu Löwengebrüll! Der Blick aus dem Dachzelt zeigt einen mächtigen Löwenherrn, der 10 Meter von uns entfernt durchs Gebüsch schreitet. Der Rest des Rudels liegt etwas weiter weg am Boden. Was macht man da? Wir warten ab, bis sich die Geräusche etwas entfernt haben, dann wagen wir uns nach draussen und schliessen in Rekordzeit das Dachzelt, immer bereit, beim kleinsten Rascheln ins offene Auto zu springen. Und immer wieder Blicke zu den Raubtieren – sind sie noch dort, wo sie vor zwei Sekunden noch waren?
Nachdem auch die Leiter versorgt ist, fahren wir zum WC-Gebäude, bis drei Meter vor die Tür. Während wir dort drin sind, hören wir den König der Steppe wieder ganz in der Nähe brüllen. Nicht ein lautstarkes Brüllen wie „hey, how are you?“, sondern eher ein ungeduldiges „I am hungry, where is my food?“ Wir gehen davon aus, dass dies an sein Harem gerichtet ist, denn der Löwenmann jagt selten sein eigenes Essen. Wir sprinten wieder ins Auto und fahren weiter am Chobe Fluss entlang.

Das erste, was wir unterwegs sehen, ist eine weitere Löwenfamilie, diesmal die Mutter mit ihren zwei schon fast ausgewachsenen Jungen. Sie haben sich gerade ihr Frühstück geholt – einen Büffel, der bei unserer Ankunft noch lebt. Wir können zuschauen, wie sie ihn zehn Meter von der Piste entfernt zuerst festhalten, ihn am Hintern öffnen und dann zu fressen beginnen. Wir selber haben noch nichts gegessen und haben im Moment auch keine Lust dazu. Appetitlich ist es nicht, dem ‚fressen und gefressen werden‘ zuzuschauen, dafür aber interessant und natürlich spannend. Das sind doch diese Bilder, die man sich von einer Safari in Afrika vorgestellt hat! Dazu gehören aber auch all die anderen Tiere, die Krokodile, Nilpferde, Büffelherden, Wasserböcke, Impala-Antilopen und die vielen, vielen Elefanten, die wir heute noch zu Gesicht bekommen.

Zimbabwe

Wir quartieren uns im Städtchen von Victoria Falls ein. Von anderen Reisenden haben wir immer nur Schlechtes über diesen Ort gehört, aber uns gefällt es hier sehr gut. Es hat viele kleine Läden und die Leute wollen einem dauernd Geld wechseln oder etwas verkaufen, ohne aber aufdringlich zu sein. Nach einem freundlichen „nein danke“ steuern sie den nächsten Touristen an. Überall herrscht emsiges Treiben, und wir fühlen uns richtig wohl hier.
Aber natürlich ist die Hauptattraktion nicht die Stadt sondern die berühmten Victoria Fälle. Sie führen nur ganz wenig Wasser, sind aber trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen sehr eindrücklich. Zum Glück haben wir die Regenjacke eingepackt, denn am Rand der Fälle wird man vom Sprühregen klatschnass.
Auf der Zambesibrücke gleich unterhalb der Fälle beobachten wir, wie die wagemutigen Bungeejumper 111 Meter in die Tiefe springen. Ich bin froh, dass Albi keine Lust auf ein solches Abenteuer hat, denn bereits vom Zuschauen kriege ich weiche Knie.

Nach einem letzten Einkauf fahren wir auf den wunderbaren Teerstrassen Zimbabwes bis zum Hwange Nationalpark. Dort hört der Teer auf, und die Wellblechpisten beginnen.
Für die erste Nacht haben wir ein sogenanntes ‚exclusive Camp‘, einen Picknickplatz mitten im Park gebucht. Wir werden dort die einzigen Übernachtungsgäste sein. Der Weg dorthin ist nicht sehr weit, aber wegen den schlechten Pisten kommen wir nur langsam voran. Auch fehlt jegliche Beschilderung, so dass wir uns trotz GPS verfahren, zum Glück, denn so entdecken wir ein Rudel Wild Dogs (Hyänenhunde), diese vom Aussterben bedrohten Raubtiere.
Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir die Ngwethla Picknick Site und kochen uns noch schnell etwas Essbares, bevor wir ins Dachzelt kriechen. Während Albi schon am träumen ist, höre ich noch den Löwen und Elefanten zu, die am nahe gelegenen Wasserloch brüllen.

Wir verbringen zwei weitere Tage im Park, bevor wir nach Bulawayo, der zweitgrössten Stadt Zimbabwes, aufbrechen. Die Strassen in Bulawayo sind breiter als Autobahnen, weil früher die achtspännigen Ochsenkarren darauf wenden mussten. Die hatten damals noch keinen Einschlag wie heute ein Smart. Wir geniessen das Stadtleben mit den vielen guten Restaurants und natürlich der Bäckerei Häfeli, wo wir uns an Croissants und anderen Leckereien satt essen.

Die Regenzeit hat begonnen, so dass wir im Matopos Nationalpark nur einen Tag umherfahren und dabei 12 Spitzmaulnashörner zu Gesicht bekommen.
Zurück in Bulawayo lassen wir bei der Toyota Vertretung einen Ölwechsel machen. Sie haben weder den passenden Ölfilter, noch können sie uns sagen, ob das von ihnen empfohlene Öl Ein- oder Mehrbereichsöl ist, aber es sei auf jeden Fall für Benzinmotoren. Beim Auffüllen wird über den halben Motor getropft, und wie sie den Scheibenwasserbehälter auffüllen, und vor allem wieder verschliessen, kann ich gar nicht mit ansehen. Sorgfalt scheinen die Leute hier nicht zu kennen. Kein Wunder sind die meisten Fahrzeuge hier in einem lausigen Zustand, und niemand glaubt uns, dass unser Cruisy bereits über 200’000 km auf dem Tacho hat.

Auf dem Weg zu den Eastern Highlands machen wir noch einen kurzen Stopp bei den Ruinen von Great Zimbabwe. Leider regnet es die meiste Zeit, so dass wir viel schneller vorwärts kommen, als wir eigentlich wollten. Aber im Auto ist es wenigstens trocken, also fahren wir weiter.
In den Highlands bleiben wir ein paar Tage in einem gemütlichen Guesthouse, wo wir abends am wärmenden Feuer sitzen. Wir besprechen unsere weitere Reiseroute und beschliessen, auf Malawi mit seinem See zu verzichten. In der nun begonnenen Regenzeit ist uns auch das Risiko, Malaria zu kriegen, zu gross. Wir haben schon von zu vielen Reisenden gehört, dass die Gefahr dort sehr gross ist, so gross, dass man auch etwa von Malawia spricht.

Südafrika

Der Grenzübertritt nach Südafrika ist absolut problemlos, wie auch alle anderen Grenzen im südlichen Afrika. Alles läuft geregelt, niemand will Bakshish, und überall sind die Beamten freundlich, zum Teil sogar sehr zuvorkommend.

In der Hauptstadt Pretoria quartieren wir uns im Botschaftsviertel der Stadt ein. Albis Pass ist beinahe voll, so dass wir auf der Schweizer Botschaft einen neuen beantragen wollen. Laut telefonischer Auskunft haben sie in Pretoria nur eine diplomatische Vertretung, die Konsularabteilung befindet sich in Johannesburg. In diese Stadt wagen wir uns aber nicht, schon gar nicht mit einem ausländischen Fahrzeug. Zu viele Berichte von Überfällen haben wir in den Zeitungen gelesen, und auch jeder Reiseführer warnt davor. Also gehen wir mit dem restlichen leeren Platz in Albis Pass noch sparsamer um.
Auch die Botschaft von Moçambique ist uns nicht wohlgesinnt. Nachdem wir – und eine Unmenge andere Leute – mehrere Stunden auf der Strasse vor dem Gebäude Schlange gestanden sind, hören wir um zwölf Uhr mittags, dass sie für heute keine weiteren Visumsanträge mehr annehmen, wir sollen morgen wieder anstehen. Das ist uns doch etwas zuviel. Wir beschliessen, uns anderswo um das Visa zu bemühen, vor allem zu einem späteren Zeitpunkt, wenn nicht mehr halb Südafrika dorthin fahren will.

Lesotho

Nach dem Besuch des Vortrekker Monuments sind wir bereit, weiter zu fahren. Durch das Goldminengebiet kommen wir langsam auf die Berge und damit auf Lesotho zu. Das einzige Gold, das dieses kleine Königreich besitzt, ist Wasser. Mitten im Land, auf über 2000 Meter Höhe, werden riesige Staudämme gebaut. Das Wasser wird durch Stollen an die nördliche Grenze zu Südafrika gebracht und dort zuerst zur Stromproduktion verwendet, bevor es weiter zu den Goldminen um Johannesburg geleitet wird.

Die Hauptstadt Maseru besteht aus einer total verstopften Hauptstrasse, wahnsinnig vielen Leuten und zahlreichen Trümmern, die von den Unruhen vom September 1998 stammen. Damals ist wieder einmal die südafrikanische Armee in das Land eingedrungen und hat für Ordnung gesorgt.
Ausserhalb der Stadt ist alles sehr ursprünglich, mit Leuten, die uns fröhlich zuwinken, kleinen Dörfern, die an den grünen Bergen kleben, und vor allem hat es keine Zäune dafür Hirten, die, mit dem Stock in der Hand, eingehüllt in die sogenannte Basotho-Decke, auf dem Kopf entweder eine Mütze oder einen Minenarbeiterhelm so mehrere Tage oder auch Wochen abseits der Dörfer das Vieh hüten.

Eigentlich wollen wir die Weihnachtszeit in dieser grandiosen Bergwelt verbringen, aber der Regen hält uns davon ab. Es ist grau, nass, kalt, und die Wolken reichen bis zum Boden.
In der Malealea Lodge freut sich Albi jeden Tag auf die Dämmerung, denn dann wird der Generator angeworfen, und es fliesst Strom aus der Steckdose. Ohne Strom läuft das Laptop und somit das Transport Tycoon Spiel nicht so lange. Wir verlassen dieses kleine Land nach ein paar Tagen bereits wieder, jedoch fest entschlossen, es später nochmals zu besuchen.

Südafrika

Wegen den südafrikanischen Sommerferien nehmen wir uns Zeit, die kleinen Dörfer in der Karoo zu besichtigen, weil die Küste von den Einheimischen in Beschlag genommen wird. Wir beginnen mit Cradock, wo wir uns im Mountain Zebra Park in die Afrikaaner-Gesellschaft eingliedern. Wir kochen ein Potjie (Poikie ausgesprochen). In diesem dreibeinigen Gusstopf erhitzen wir Öl, braten Zwiebeln und Fleisch an, rühren gut um, schichten säuberlich das Gemüse darüber, füllen Wasser auf, machen den Deckel zu und lassen es drei, vier oder mehr Stunden auf der Glut köcheln. Nach bereits zweieinhalb Stunden haben wir Hunger und nehmen den Topf vom Feuer, rühren alles einmal um, damit man auch zum Fleisch kommt und geniessen unser erstes Potjie. Es schmeckt lekker, obschon es sich später rächt.
In der Nacht kriege ich Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Fieber und Durchfall. Ganze 17 Mal steige ich aus dem Dachzelt, wandere aufs WC und klettere zehn Minuten später total erschöpft wieder die Leiter hoch ins Zelt.
Darauf brauche ich ein paar Tage Erholung, bevor wir im schönen Städtchen Graaff-Reinet den Jahreswechsel feiern. Nach Mitternacht funktioniert trotz Y2K-Panik noch alles: Licht, Wasser, TV, sogar unser Handy geht noch, so dass wir gleich mal in die Schweiz telefonieren.

An der Küste machen wir im schönen Wilderness Nationalpark ein paar Tage Ferien. Wer nie längere Zeit unterwegs ist, kann sich kaum vorstellen, dass man sogar beim Reisen ab und zu Ferien nötig hat. Aber irgendwann muss man wieder mal in die Reiseführer reinschauen, damit man weiss, wie man weiterfahren will, die Wäsche muss gründlich gewaschen werden, und die leeren Seiten des Tagebuches wollen gefüllt werden. Albi muss unterdessen beweisen, dass wir die Hängematte nicht umsonst mitgenommen haben… Aber auch Spaziergänge im Wald und Pedalofahrten auf dem Fluss kommen nicht zu kurz.

Nach ein paar Ruhetagen zieht es uns aber bereits wieder weiter. Über den Tsitsikamma Nationalpark und Port Elizabeth fahren wir nordwärts nach Kimberly, wo Albi 850 Meter tief in eine Diamantenmine steigt und zuschauen kann, wie die teuren Steinchen abgebaut werden. Ich mache unterdessen eine Oberflächentour mit.

Lesotho

Erneut fahren wir gegen die Berge auf Lesotho zu. Diesmal haben wir etwas mehr Glück mit dem Wetter. Zum Teil bei strahlendem Sonnenschein und milden Temperaturen durchqueren wir das Königreich diesmal von Nord nach Süd. Über mehrere 3000 Meter hohe Pässe fahren wir durch die fast unberührte Landschaft.
Auf dem Nebel verhüllten Sani Pass wärmen wir uns im höchsten Pub von Afrika auf, bevor wir wieder nach Südafrika einreisen.

Südafrika

Den mächtigen Drakensbergen entlang und durch das Zulugebiet kommen wir ins Sumpfgebiet von St. Lucia, wo die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit richtig tropisch sind. Zwischen den Dörfern hat es riesige Zuckerrohrplantagen und Eukalyptus-Wälder für die Papierproduktion. In kwaZulu Natal sehen wir zum ersten Mal in Südafrika richtige afrikanische Dörfer, mit Rundhütten, Gemüsegärtchen und viel freilaufendem Viehzeugs. Im Rest von Südafrika scheint die schwarze Bevölkerung noch immer fast ausschliesslich in den berüchtigten Townships zu wohnen.

Durch das für uns uninteressante Swaziland erreichen wir den Nationalpark schlechthin, den Kruger Park. Leider stellen wir fest, dass uns der südafrikanische Vorzeigepark etwas enttäuscht. Natürlich haben wir in der Regenzeit nicht eine Fülle von Tieren erwartet. Schliesslich gibt es überall genug Wasser, so dass die Tiere nicht an die Wasserlöcher zu kommen brauchen. Auch ist wegen der üppigen Vegetation die Sicht stark eingeschränkt.
Was uns an diesem Park enttäuscht, ist die Verwaltung und der Unterhalt. Auf den sehr schlechten Nebenstrassen hat man keine Ahnung, wie weit es wohin ist, vorausgesetzt diese Strassen sind überhaupt geöffnet. Die mit dem Auto zugänglichen Wasserlöcher sind nicht gepflegt, dass heisst, auch wenn es Tiere hat, sind sie, da man nicht aussteigen darf und alles zugewachsen ist, nicht zu sehen. Die Campingplätze, die wir aufsuchen, sind verwahrlost, schattenlos, und das Gras wird nicht geschnitten, wodurch es in diesem Malaria-Risikogebiet viele Mücken hat. Die Abendbuffets der Restaurants können wir als mit dem Prädikat „ungeniessbarstes Essen der ganzen Reise“ auszeichnen, und die Arbeitsmoral der vielen, vielen Angestellten könnte auch etwas besser sein. Alles in allem haben wir den Eindruck, dass Touristen nicht sonderlich erwünscht sind. Das steht im krassen Gegensatz zu den restlichen von uns besuchten Parks in Südafrika, wo wir uns immer sehr wohl gefühlt haben.

Wir bleiben natürlich trotzdem ein paar Tage im Kruger Park und geniessen die Begegnungen mit den Tieren, hauptsächlich den vielen Elefanten. Mehrmals ist unser rotes Auto den Dickhäutern offenbar ein Dorn im Auge (vor Dornen sollten sie eigentlich keine Angst haben, sie fressen sie ja tonnenweise ab den Bäumen), und wir müssen wieder rückwärts fahren, ein paar Minuten abwarten, dann einen erneuten vorsichtigen Versuch zur Weiterfahrt unternehmen, nur um wieder von einem jugendlichen Ungestüm mit aufgestellten Ohren trompetend verjagt zu werden. Irgend einmal wird ihm dieses Spiel zu langweilig, und er wendet sich erneut seiner Hauptbeschäftigung, dem Fressen, zu.

Da wir auf einen Besuch von Moçambique verzichten (zum Glück, sonst wären wir bei den folgenden katastrophalen Überschwemmungen noch weggeschwemmt worden), haben wir genügend Zeit, ein zweites Mal nach Namibia zu reisen und dieses schöne Land etwas genauer zu besichtigen.

Über Pretoria fahren wir durch den Süden von Botswana auf dem Trans-Kalahari Highway. Da denkt man an eine abenteuerliche Piste durch ausgetrocknetes, einsames Wüstengebiet. Einsam ist es, aber die breite, wunderbar geteerte Strasse führt uns durch eine grüne Landschaft. Zwischen den Akazienbäumen steht hüfthohes Gras, und Albi reagiert prompt mit Heuschnupfen darauf.
Beim Gang hinter die Büsche können wir den ‚Dung Beetles‘ bei der Arbeit zuschauen. Diese grossen Käfer fliegen ziellos in der Gegend umher, bis sie einen frischen Dunghaufen entdecken. In der Nähe dieses Haufens lassen sie sich in Ermangelung einer Landetechnik einfach aus ein paar Metern Höhe auf den Boden fallen und krabbeln der Nase nach zum Leckerbissen. Dort angekommen, machen sie sich sofort an die Arbeit, indem sie ein handliches Häppchen zu einer Kugel formen, die sie rückwärts laufend mit den Hinterbeinen vor sich her rollen. Wir sind beeindruckt, wie bereits zehn Minuten später nichts mehr von der Sache vorhanden ist, was uns doch sehr an die indischen Schweine erinnert.

Namibia

Windhoek, die Hauptstadt Namibias, begrüsst uns mit 38° C und sehr hoher Luftfeuchtigkeit, so dass wir schon bald an die immer kühle Küste flüchten. Dazu wählen wir die einsame Route über das Khomas Hochland, landschaftlich sehr schön, dafür fahren wir auf einer mit spitzen Steinen übersäten Piste. So erstaunt es uns nicht, dass wir hier den ersten Platten unserer Reise einfahren. Das einzige Problem in dieser Hitze ist, das ausgewechselte Rad auf die Halterung hochzuhieven, denn der Reifen ist so heiss, dass man sich daran die Hände verbrennt.
Dafür ist es in Swakopmund schön kühl, und nachts herrschen gar Helly Hansen Temperaturen, was uns zur Abwechslung ganz gut gefällt.
Die einsame Nacht in der Namib-Wüste darf natürlich auch dieses Mal nicht fehlen. Am Bloedkoppie (Bluthügel) geniessen wir einen grandiosen Sonnenuntergang, eine stille Nacht und einen ebenso tollen Sonnenaufgang.

Auf den kleinen Nebenpisten die uns ins Damaraland führen, kreuzen wir etwa alle zwei Stunden ein anderes Fahrzeug, sonst sind wir mit den Zäunen rechts und links der Strasse alleine.

Albis Geburtstag verbringen wir in der Palmwag Lodge. Mit Hilfe des GPS fahren wir auf dem riesigen unmarkierten Konzessionsgebiet umher und geniessen die langsame Pirschfahrt, die nur mit einem Geländewagen möglich ist. Schon nur wegen diesem einen Tag hat sich die Anschaffung des Satelliten-Navigations-Systems gelohnt, denn ohne dieses wären wir komplett verloren in dieser herrlichen Landschaft.
Die ganze Gegend hier ist mit roten, gleichmässig geformten Steinen übersät, und als bei Sonnenuntergang noch die sogenannten Wüstenelefanten durch das trockene Flussbett laufen, fühlen wir uns restlos glücklich. Dass wir danach noch ein ausgezeichnetes Abendessen serviert bekommen, grenzt schon fast an Überfluss.

Eigentlich wollten wir dieses Mal durch das Kaokoveld zu den Epopa Fällen am Kunene Fluss fahren, aber angesichts dessen, dass der angolanische Bürgerkrieg über die Grenze geschwappt ist und sich nun im Norden von Namibia westwärts ausbreitet, verzichten wir auf diesen Ausflug und besuchen lieber ein zweites Mal den Etosha Nationalpark.

Nach dem Sommerregen sieht es hier ganz anders aus: viel grüner, und auch hat es jetzt viele Jungtiere, vor allem Zebras, Gnus und Springböcke. Am frühen Morgen sehen wir regelmässig Löwen, wenn es auch meistens alles andere als spannend ist, denn es gibt nichts Langweiligeres, als einem Löwen beim schlafen zuzuschauen. Aber eine gewisse Faszination haben sie dennoch, diese grossen Katzenbüsis!
Wir sind mittlerweile schon ganz geübt, die Tiere neben der Strasse im Gebüsch zu entdecken. Plötzlich schreit Albi „Stopp, ich habe eine Hyäne gesehen, fahr ein wenig zurück!“. Ich setze etwas zurück und halte am rechten Strassenrand. Albi lässt die Scheibe runter und lehnt sich mit dem Fotoapparat etwas zum Auto hinaus und kriegt einen gewaltigen Schreck: Nur zwei Meter entfernt lacht ihn eine weitere Hyäne an – oder auch aus. Wenn man mal ein Hyänengebiss näher betrachtet hat, versteht man, weshalb Albi die Scheibe subito wieder halb hochhebt.
An einem Wasserloch werden wir von einem Elefantenbullen zum Kampf herausgefordert, worauf wir uns aus dem Staub machen. Keine zehn Minuten später werden wir beinahe von einer zwischen den Bäumen hervorstürzenden Giraffe überrannt. Zum Glück kann dieses fünf Meter hohe Ungetüm im letzten Moment ausweichen. Es wäre wohl etwas peinlich, die Schäden am Auto zu erklären. Von einer Giraffe überrannt, ha ha….

Alle Wege führen in Namibia nicht nach Rom sondern nach Windhoek, was auch gut ist. Denn so können wir einen Ölwechsel machen lassen und unsere Vorräte wieder aufstocken. Wir fahren unser Wägelchen durch die lecker gefüllten Regale des Wecke und Voigt Supermarktes und geben uns Mühe, uns auf das absolut Notwendigste zu beschränken. Dazu gehören Schweizer Schokolade, Salami, gute Brötchen, Greyerzer Käse, Nutella und andere überlebenswichtige Dinge. Man merkt immer erst im Ausland, wie einem die normalsten Schweizer Grundnahrungsmittel mit der Zeit zu fehlen beginnen. Und wehe, man kann sie irgendwo kaufen, dann wird nicht auf den Preis geschaut, auch wenn der, verglichen mit den einheimischen Produkten, horrend ist.

Auch den Dünen von Sossusvlei statten wir einen weiteren Besuch ab. Wegen der Februarflaute können wir für wenig Geld in der Mövenpick Sossusvlei Lodge ein Zeltbungalow beziehen. Am Abend bläst der Wind unser nicht dicht zu kriegendes ‚Hotelzimmer‘ mit Sand voll, und mitten in der Nacht schaffen es auch die Mücken, bis an unser Bett vorzudringen, so dass wir unser Moskitonetz aus dem Auto holen und es ziemlich abenteuerlich durch das ganze Zimmer gespannt aufhängen. Fazit – reise nie ohne! Dafür sind wir anderntags gut erholt und machen trotz der Hitze ausgedehnte Spaziergänge in den Dünen, wobei wir aber immer froh sind, wieder zurück zum Auto und zu unserem 2° C kalten Kühlschrank zu kommen.

Zuerst feiner, später stärkerer Regen begleitet uns auf dem Weg nach Süden. Nach ein paar Stunden ist die Bodenhaftung des Autos auf den Naturstrassen etwa so wie auf matschigem Schnee. Am Nachmittag durchfahren wir gar ganze Seen, wo sich das Wasser auf über 100 Metern in der Strasse gesammelt hat. Ohne Allrad gäbe es hier kein Weiterkommen mehr. Es begegnet uns auch niemand, jeder scheint sich irgendwo verkrochen zu haben und freut sich über den Regen. Hier in diesem sehr trockenen Gebiet sind die Farmer bereits zufrieden, wenn es überhaupt einmal im Jahr regnet, und wenn das Wasser dann noch in dieser Menge zu Boden fällt, ist es beinahe ein Luxus. Wir geniessen zwar dieses Schlammbad, sind aber dennoch froh, nach zwei Tagen endlich mal wieder Teer unter die Räder zu kriegen.

Das kleine, am eiskalten Meer gelegene Städtchen Lüderitz wird gerne von deutschen Touristen besucht. Überhaupt trifft man im ganzen Land auf aussergewöhnlich viele Deutsche; viele davon sprechen schlecht oder gar kein Englisch und sind überrascht, dass in Namibia nicht überall deutsch gesprochen und verstanden wird. Aber schliesslich sind seit dem Ende der deutschen Kolonialzeit mindestens drei Generationen vergangen, so dass vor allem für die schwarze Bevölkerung Englisch oder Afrikaans wichtiger ist.
Aber heute, an einem Sonntag, ist Lüderitz ebenso wenig bevölkert, wie die nahegelegene Geisterstadt Kolmanskop.
Wir wollen uns eigentlich auf dem Campingplatz auf Shark Island niederlassen, aber als nach einer Stunde der Wind zu blasen beginnt, geben wir auf und packen unsere Sachen zusammen. Gerade als wir den Platz verlassen, kommt uns der Kassier entgegen. Wir erklären ihm, dass wir nicht bleiben, weil es zuviel Wind hat. Worauf er uns auslacht und meint: „But that’s no wind!“ Wir verzichten zu erfahren, was ein richtiger Wind ist und flüchten entlang dem Diamantensperrgebiet ins Landesinnere.

Ein zweiter Besuch des Fish River Canyon bleibt uns versagt. Die ausgiebigen Regenfälle haben die zum Teil jahrelang trockenen Flussbetten, die sogenannten Rivieren, zum Anschwellen gebracht. Brücken über diese Rivieren gibt es nur auf den Hauptrouten, und dazu gehört die Piste von Seeheim zum Canyon nicht. Also begnügen wir uns mit einem Besuch des Köcherbaumwaldes bei Keetmanshoop, wo wir die obligaten Sonnenuntergangsfotos schiessen.

Südafrika

Auf dem Weg zum Kalahari Gemsbok Nationalpark überqueren wir immer wieder reissende Flüsse, deren Flussbett vor ein paar Tagen noch total ausgetrocknet war. Bei einem Boxenstopp, wo ich von einer riesigen Wespe in den Arm gestochen werde (ja, ja, die gefährlichen wilden Tiere Afrikas), können wir zuschauen, wie aus einem klaren kleinen Bach innert Minuten ein breiter brauner Fluss wird.
Auch der Gemsbok Park hat dieses Jahr genug Regen abbekommen. Der für seine roten Sanddünen bekannte Nationalpark hat sich ein grünes, mit vielen Blumen geschmücktes Kleid zugelegt. Dadurch bekommen wir auch nicht so viele Tiere zu Gesicht.
Wie gewohnt stehen wir früh auf und sind um 6.05 wie immer die ersten, die durch die Camptore fahren. Wenn man als erstes Fahrzeug im Park unterwegs ist, sieht man die meisten Tiere. Und prompt landen wir noch in der Dämmerung neben einem Löwen. Um ihn fotografieren zu können, müssen wir zuerst, das Objektiv wechseln: Mit dem Telezoom hätte ich nicht mal den ganzen Kopf auf Bild gekriegt, so nah war die Katze!
Dann verfärbt sich langsam der Himmel, und die Sonne steigt über den Horizont. Wir sehen, dass sich die Sonne leider nicht lange zeigen wird, weil im Osten ein Wolkenband ist. Deshalb wäre es schön, wenn in den nächsten Minuten westlich der Strasse (wegen dem Licht) noch ein Löwe anzutreffen wäre. Kaum gesagt, wird unser Wunsch erfüllt: Auf einer roten Sanddüne geniesst ein prächtiges Exemplar die ersten Sonnenstrahlen. Wenn wir es nicht eh schon wären, würden wir uns mal wieder zu den glücklichsten Leuten überhaupt zählen.
Wegen den vielen Wasser- und Schlammpassagen, die wir ja mittlerweile gewohnt sind, stecken immer noch viele Leute im Nossob Camp fest. Mit ihren zweiradgetriebenen Fahrzeugen bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zu warten, dass die Pisten wieder abtrocknen. Wir bleiben nicht solange und machen uns auf den Weg nach Upington.

Upington ist das grosse Versorgungszentrum in diesem Teil von Südafrika, aber wir suchen vergebens nach einer englischsprachigen Zeitung. Überall im Land wurden wir jeweils nach etwas Suchen fündig, aber hier nicht. Das einzige, was uns angeboten wird, ist eine sechs Tage alte Sonntagszeitung. Auch sonst scheint diese Stadt eher ein kleines Dorf zu sein. Als wir nämlich unser total verschmutztes Auto waschen lassen, werden vom Garagenbesitzer die zwei hier ansässigen Schweizer von unserer Ankunft avisiert. Hanspeter, der von hier aus Kalahari-Touren anbietet kommt uns ein paar Stunden später auf dem Campingplatz besuchen und wir geniessen es, mit einem Europäer, der hier wohnhaft ist, über das Land diskutieren zu können.

Am nächsten Tag machen wir zusammen mit einem deutschen Ehepaar in einer kleinen Cessna einen Rundflug dem Oranje Fluss entlang zu den Augrabies Fällen, die jetzt, nach dem ausgiebigen Regen, tosend die Schlucht hinunterstürzen. Viel zu bald sind wir wieder auf festem Boden, mit dröhnenden Ohren zwar, aber glücklich, die Landschaft auch einmal aus der Vogelperspektive gesehen zu haben.
Natürlich schauen wir uns die Fälle auch noch per Auto und zu Fuss an und machen dabei die Bekanntschaft von Jacqueline, der zweiten Schweizerin in Upington. Sie ist seit zwei Jahren dort und betreibt ein Guesthouse. Sie freut sich, Schweizer zu sehen, mit denen sie französisch sprechen kann.

In der Nacht hat es heftig geregnet, und alles hat sich ins Trockene geflüchtet. So kommt es, dass wir in der Dusche gegen Heuschrecken, Motten und anderes Krabbelgetier kämpfen müssen. Etwas erschöpft aber sauber und erfrischt sind wir zur Weiterfahrt bereit.
Das Tagesziel heisst Cederberg Mountains, und wir fahren den ganzen Tag durch einsame, öde Landschaft. Einzig die Cape Cobra, die unser Auto angreift, bringt Abwechslung in unseren Tag. Dafür ist es in den Sederbergen um so schöner. Wir geniessen die frische Luft, den Campingplatz unter den riesigen Eukalyptusbäumen (Zedern hat es fast keine mehr hier, auch wenn die Berge nach ihnen benannt sind) und auch die Kameradschaft mit anderen Reisenden.
Hier lernen wir Margrit und Christa aus Österreich und aus Bayern kennen. Es sind zwei unkomplizierte ältere Frauen, die bereits seit Jahren immer wieder nach Afrika kommen. Ihr Landrover mit den österreichischen Nummernschilder befindet sich schon jahrelang auf diesem Kontinent und wird einfach irgendwo bei Freunden für ein paar Monate eingestellt, bis die zwei Frauen wieder Zeit zum Reisen haben.
Albi freut sich, ihnen behilflich sein zu können und verschwindet unter der Motorhaube des Landys. Er schraubt immer noch sehr gerne an Autos herum, aber natürlich lieber an fremden. Als wir später im kühlen Gebirgsbach baden gehen, stelle ich fest, dass Albi wieder einmal so richtig nach Landrover riecht, vor allem dieser feine altbekannte Getriebeölduft steigt mir in die Nase.
Natürlich sitzen wir bis spät in die Nacht mit unseren neuen Freunden am Feuer und tauschen Erfahrungen und Gedanken aus.

Wir fahren durch den Obstgarten vom Kap. Zitronen, Orangen und Äpfel (natürlich auch die bei uns bekannten Granny Smith) werden hier in grossen Mengen produziert. Im Moment ist gerade die Apfelernte im Gang, und immer wieder kommen uns völlig überladene Laster entgegen. Ab und zu kippen in einer Kurve ein paar Kisten herunter, so dass es aussieht, wie wenn die Äpfel gleich neben der Strasse wachsen würden.

Wir gehen zum dritten Mal nach Wilderness, aber diesmal sind nicht Ferien angesagt sondern Arbeit. Wir wollen die Rückschiffung unseres Autos von hier aus organisieren. Dazu quartieren wir uns in einem sogenannten Forest Hut des Nationalparks ein. Das ist eine einfache Blockhütte mit vier Betten und einem Tisch, wo Albi sein Laptop hervornimmt und per Mail die Seefracht organisiert.
Da es immer wieder regnet, fühlen wir uns in der trockenen Hütte wohler als auf dem Campingplatz. Wir gehen nochmals bei den zwei Schweizern im ‚Palms‘ dinieren und stellen erneut fest, dass sich die horrende Ausgabe von R 265 (etwa Fr. 70) auf jeden Fall lohnt.

Etwas wehmütig nehmen wir Abschied von dem uns liebgewonnen Wilderness und machen uns auf den Rückweg nach Capetown. Unterwegs verbringen wir noch ein paar Tage in der Weingegend um Stellenbosch, dann fahren wir nach Hout Bay, beziehen bei Jochen und Daniela wieder eines der schönen Zimmer, räumen unser Auto leer und stellen die ganze Ausrüstung in ihre Garage. Wir wagen es nicht, ein volles Auto irgendwo in der Stadt zu parken, die Versuchung für Autoknacker wäre wohl trotz bewachten Parkplätzen zu gross.
Wir erledigen noch die letzten Einkäufe und bereiten unser Auto auf die lange Schifffahrt vor. Dazu gehört natürlich auch eine ausgiebige Wäsche, wo sechs Leute während einer ganzen Stunde unseren Cruisy auf Hochglanz bringen. Keine Stelle wird übersehen, vom Dachzelt schamponieren über Polster staubsaugen und Armaturenbrett polieren bis zum Schwärzen der Reifen.
Uns bleibt nur noch übrig, das Auto wieder zu beladen, mit Souvenirs vollzustopfen und zum Hafen zu fahren, wo wir endlich Marina, unsere Agentin, kennenlernen. Obwohl wir bisher nur per Mail oder telefonisch mit ihr in Kontakt waren, hat sie alles bestens vorbereitet. Nach nur anderthalb Stunden ist alles erledigt: Das Carnet de passage abgestempelt, der richtige Container gefunden, der Cruisy festgezurrt, die Zollinspektion erledigt, Frachtkosten und Gebühren bezahlt und das alles ganz ohne Stress. Im Gegenteil, wir haben genügend Zeit, uns nebenbei mit Marina zu unterhalten.
Einzig die Bill of Lading (die Frachtpapiere) haben wir noch nicht, weil diese erst nach Abfahrt des Schiffes ausgestellt werden kann. Aber natürlich klappt auch die Zusendung dieser Papiere in die Schweiz tiptop. Wir haben noch gar nie so einfach, effizient und angenehm ein Auto verschifft!

Nach ein paar weiteren schönen Tagen in Capetown fliegen wir am 28. März 2000 vom südafrikanischem Herbst in den Schweizer Frühling zurück, wo wir von unserem Hund Prinz freudig begrüsst werden.


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