Phuket

Heute ist der 27. Januar 1991. Die Einreise nach Thailand verläuft problemlos. Es gibt zwar etliche Formulare auszufüllen, aber bereits nach einer halben Stunde befinden wir uns im Königreich. Wir stellen sofort ein paar Unterschiede zu Malaysia fest: Die Lastwagen sind nicht mehr untermotorisiert, und alles, was irgendwo geschrieben steht, ist für uns unleserlich.
In der Nähe von Krabi machen wir ein paar Tage Ferien. Hier am Meer, wo vor ein paar Jahren zwischen den Kalksteinfelsen ein James Bond Film gedreht wurde, finden wir einen schönen Strand. Es gibt höchstens ein Dutzend einfache Bungalows zu mieten, und entsprechend ruhig ist es hier. Wir faulenzen am Meer oder geniessen das ausgezeichnete Essen.

Irgendwann wird es uns aber zu langweilig, und wir fahren weiter – diesmal nach Phuket. Wegen dem Golfkrieg wagen sich offenbar viele Europäer nicht ins Flugzeug, so dass die bekannte Ferieninsel halb leer ist. Dafür finden wir zu einem Spottpreis ein gutes Zimmer an der Patong Beach. Das ist der Hauptstrand der Insel, dort wo sich alles konzentriert: Die Touristen, die Restaurants, die Bars, die Souvenirläden, die käuflichen Girls und auch die Tauchläden. Wir wollen nämlich einen Tauchkurs machen. Wir finden Susie, eine mit einem Thai verheiratete Schweizerin, die uns in den nächsten vier Tagen durch den Kurs führen wird.
Am Morgen nehmen wir jeweils die Theorie durch, und am Nachmittag steigen wir ins Wasser, wobei das Wasser am ersten Tag aus einem Swimmingpool besteht. Dort lernen wir die ganze Ausrüstung und deren Bedienung kennen. Es ist schon ein komisches Gefühl, sich unter Wasser zu befinden und trotzdem atmen zu können. Richtig abenteuerlich wird es am zweiten Nachmittag, als wir mit Sauerstoffflasche und Lungenautomat behangen, Flossen und Maske in den Händen durch die sonnenverbrannten Touristen über den Strand ins Meer laufen. In nur drei Metern Tiefe machen wir unsere Übungen und steigen nach einer Stunde wieder aus dem Wasser. Die Touristen beäugen erstaunt die drei Taucher und fragen sich wohl, weshalb wir nicht wie alle anderen auch von einem Boot aus tauchen. In Strandnähe wird es sicher nichts zu sehen geben – ausser vielleicht ein paar Touristenbeine.
Am dritten Tag ist es dann soweit: Wir fahren mit einem Boot in offene Wasser und gehen richtig tauchen. Die Sicht ist sehr gut, und die Zeit vergeht im Nu. Als wir dann am späten Nachmittag zurück zu unserem Hotel fahren, passiert etwas, was man sich nie und in einem fremden Land noch weniger wünscht – ein Unfall. Wir stehen auf der linken Strassenseite (in Thailand herrscht Linksverkehr), um in die Einfahrt zu unserem Hotel abzubiegen. Dabei haben wir den rechten Blinker gesetzt. Wir warten noch den Gegenverkehr ab. Als dann die Fahrt frei ist, biegt Albi rechts ab. Dabei übersieht er, dass von hinten ein Motorradfahrer mit stark übersetzter Geschwindigkeit kommt und uns überholen will, trotz gesetztem Blinker notabene. Während wir am Abbiegen sind, rammt er mit dem Töff den rechten Kotflügel und fliegt in hohem Bogen davon. Weil wir mitten auf der Strasse stehen, blockieren wir den gesamten Verkehr und fahren deshalb den Landy in die Hoteleinfahrt. Das hätten wir besser nicht getan, aber wie sollen wir wissen, dass man die hupenden Verkehrsteilnehmer einfach bis zum Eintreffen der Polizei ignorieren soll. Mittlerweile haben sich die Angestellten von unserem Hotel um den verletzten Motorradfahrer gekümmert. Er hat eine Wunde am Bein und wird ins Spital gefahren. Als dann die Polizei eintrifft, fängt das Palaver an. Nicht, dass wir viel dazu beisteuern können, denn die Polizisten verstehen kein Wort Englisch, und unser Thai beschränkt sich auf „Fried Rice“ und „Danke“, was uns hier nichts nützt. Zum Glück hat der Hotelportier den Hergang des Unfalles verfolgt und erklärt den Ordnungshütern, was passiert ist. Es ist eigentlich klar, dass unsere Schuld einzig darin besteht, dass wir das Fahrzeug nicht am Unfallort stehen gelassen haben. Der Portier erklärt uns in gebrochenem Englisch, dass wir warten müssen, bis der Töfffahrer aus dem Spital zurück ist. Offenbar ist seine Verletzung nicht schlimm, und es muss nur etwas genäht werden. Wir sagen, dass wir in der Zwischenzeit in unserem Zimmer warten.
Nach zwei Stunden werden wir wieder in die Hoteleinfahrt gerufen. Mittlerweile ist nicht nur der Fahrer wieder hier, auch der Besitzer des Motorrades hat sich eingefunden. Es scheint, als wäre der Verunfallte ein Thai aus Bangkok, der hier Ferien macht und dazu ein Motorrad gemietet hat. Nun ist natürlich der Vermieter zur Stelle, um sicher zu sein, dass er zu seinem Geld kommt. Der arme Tourist aus Bangkok wird, kaum aus dem Spital heraus, mit einer hohen Reparaturrechnung konfrontiert. Dabei wollte er sich doch nur ein paar Tage in Phuket amüsieren. Wir fühlen uns nicht schuldig, sind aber trotzdem betroffen und wollen ihm helfen. Nachdem wir ihm zuerst übersetzen lassen, dass eigentlich er für den Schaden am Kotflügel aufkommen müsste, schenken wir ihm ungefähr 25 Franken. Damit kann er das Spital und einen Teil der Reparatur bezahlen. Wir machen aber allen noch einmal klar, dass wir unschuldig seien und ihm nur helfen wollen. Mit dieser diplomatischen Lösung scheinen alle Beteiligten und auch die paar Zuschauer zufrieden zu sein. Uns erstaunt, wie freundlich alle Leute während der ganzen Geschichte geblieben sind. Nur der Verletzte wird von der Polizei ein paar mal etwas angefahren. Daraus entnehmen wir, dass der Unfall auch aus polizeilicher Sicht klar seine Schuld war. Wir sind froh, dass die Sache mit einer Naht am Bein, einem eingedrückten Kotflügel, einem teilweise abgerissenen Bullbar und einem ziemlich demolierten Motorrad ohne grosse Umstände und zur Befriedigung aller geregelt werden konnte. Nach diesem vom Tauchen eh schon anstrengenden Tag gehen wir erschöpft früh ins Bett.

Am vierten und letzten Tag unseres Kurses gibt es noch ein Letztes an Theorie, nämlich die schriftliche Prüfung. Wir bestehen beide. Der nachmittägliche Tauchgang ist dann leider nicht mehr so toll wie gestern. Das Wasser ist recht trüb, und dadurch sieht man kaum ein paar Meter weit. Wir bedanken uns bei Susie und gehen am Ende des Tages erstmals in eine der vielen Bars. Schliesslich müssen mir morgen nicht mehr so früh aufstehen, wie in den letzten Tagen. In den Bars ist es sehr interessant zuzuschauen, wie die alleinstehenden Männer von den jungen Frauen angesprochen werden. Es scheint ziemlich einfach zu sein, hier eine Ferienbegleitung zu finden.

Während den nächsten paar Tagen lassen wir es uns auf der Ferieninsel gut gehen. Wir spazieren am Strand entlang und setzen uns in die Restaurants, wo es von Cordon Bleu bis Pizza alles gibt, was sich ein Europäer wünschen kann. Natürlich kann man auch thailändisch essen, man muss jedoch bei der Bestellung mit Nachdruck erwähnen, dass man die Speisen normal gewürzt wünscht. Einfach so, wie wenn wir Thais wären. Denn sonst erhält man an europäische Gaumen angepasste Schärfe, und das ist sehr schade. Ein Thai Essen ohne die üblichen vielen Gewürze ist ein Vergehen gegen die kulinarischen Anstandsregeln.
In der Stadt holen wir uns auf dem Zollbüro eine Bewilligung, damit wir unseren Landy bis Ende März im Land behalten dürfen. An der Grenze erhielten wir nur eine provisorische Einfuhrgenehmigung für 14 Tage, die wir irgendwo auf einem Zoll verlängern können. Das klappt problemlos.

Die Bilder zur Reise 1990-1991 findest du hier: Flickr

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