In den nächsten paar Tagen verbringen wir die freie Zeit bei 40° C im Schatten, während unser deutscher Nachbar sauer von seinem sonnigen Platz rüber schaut. Offenbar hatte er, bevor wir eintrafen, verlangt, den Platz zu wechseln – jedoch ohne Erfolg. Da hatte es wohl bei der Freundlichkeit gehapert.
Wir bringen das Fahrzeug in den Service, kaufen ein, essen gut, und sogar Arbeit muss sein: Albi holt das Laptop hervor und macht für einen Kunden ein paar Programmänderungen. Remote Zugang sei Dank! Den Abend lassen wir jeweils richtig einheimisch mit einem Stubbie (kleine Bierflasche) in der Hand ausklingen.
Irgendwann ist genug gefaulenzt. Wir packen zusammen und machen uns wieder auf den Weg. Wir fahren eine Schleife durch das Goldgräbergebiet. Es hat verarmte Orte oder Ruinenstädte, wo nur noch der Wind durch die Überreste pfeift. Erst in Kalgoorlie sieht es wieder danach aus, als würden die Menschen hier leben und nicht nur überleben. Hier wird immer noch Gold abgebaut. Wo früher Tausende ihren eigenen Minenschacht in die Erde gebaut hatten, wird die löchrige Gegend nun in der Open Pit Mine abgetragen. Wir stehen am Aussichtspunkt, wo man die riesige Mine überblicken kann und benötigen den Feldstecher, um den grossen Maschinen zuschauen zu können. Voll beladen (knapp 400 Tonnen) fahren die Lastwagen vom Grubenboden im Zickzack den Rand hoch. Der Lärm ist enorm, und immer wieder bringt der Wind grosse Staubwolken zu uns hoch.
Heute ist der 23. Dezember. Wären wir morgen hier angekommen, hätten wir nicht viel gesehen und wären nur vor einem riesigen Loch gestanden. Denn vom 24. an ist alles zu hier in Kalgoorlie. Die Grube, das Tourist Office, die Restaurants und Pubs, einfach alles schliesst für drei Tage. Was dann die vielen Touristen machen, wissen wir nicht; wollen wir nicht wissen, weil wir schon wieder auf der Weiterreise sind.
Die Strasse durch den Nullarbor verläuft über Hunderte von Kilometern durch einsames, ödes Gebiet. So alle 200 km hat es ein Roadhouse, und ab und zu kommt einem ein Auto oder einer der über 50 m langen Lastwagen entgegen. Wegen der LKWs hat es auch sehr viele Kangaroo-Leichen. Kein Lastwagenfahrer macht wegen ihnen Anstalten, sein schweres Gefährt anzuhalten. Die mächtigen Bullbars, die vor den Kühlern montiert sind, sollen eine Kuh aushalten können, da merkt man ein Kangaroo wohl kaum.
Am Head of Bight haben wir einen schönen Ausblick auf die Steilküste und das Meer. Wir halten jedoch vergebens Ausschau nach Walen. In Penong, der ersten Ortschaft nach mehr als zwei Tagen Fahrt, machen wir einen Abstecher an die Cactus Beach. Zuerst auf einer Gravel Road, dann auf einer Strasse aus festgepresstem Salz. Es fährt sich wunderbar auf diesem weissen Band, wo manche Fahrer richtig schöne „Schwarze“ liegengelassen haben. Der Strand ist total von Surfern eingenommen.
Über Ceduna und Streaky Bay erreichen wir Minippa, wo wir ein Strässchen zum Pildappa Rock nehmen. In sehr schöner und absolut ruhiger Umgebung geniessen wir den Nachmittag und die Nacht.
In den folgenden Ortschaften versuchen wir vergebens, ein SMS zu verschicken – kein Empfang! Es sieht eh aus, als wären die Orte am Aussterben. Erst in Port Augusta hat es wieder Empfang. Sonst jedoch kann die Stadt nicht sehr viel bieten: kein Internetcafé, niemand, der uns am Dach ein paar Popnieten ersetzen kann, kulinarisch gibt es nur bares Minimum, und der Big4 Campingplatz ist lausig. Dafür lernen wir Regula und Ruedi aus St. Gallen kennen, mit denen wir bei mehreren Gläsern Wein bis spät in die Nacht plaudern.
Nördlich von Port Augusta ist alles staubig, so dass man die Flinders Range erst sieht, wenn man praktisch davor steht. Die Gegend scheint überweidet und völlig ausgetrocknet zu sein. Auf den riesigen staubigen Flächen wirbelt der starke Wind kleine Sandstürme auf und nebelt alles zu. Erst im Nationalpark ist die Sicht wieder ziemlich normal. Wir geniessen es, unter den Bäumen zu campieren. Es ist schon lange her, seit wir so viele Bäume gesehen haben. Abends hat es sehr viele Kangaroos, und wir sehen Fledermäuse und sogar eine jagende Eule.
Nachdem wir durch die schöne Bunyeroo Gorge gefahren sind, erreichen wir wieder eine Teerstrasse, der wir bis Lyndurst folgen. Ab hier ist jedoch fertig mit Teer. Der nun folgende Oodnadatta Track war früher ein wichtiger Verkehrsweg. Hier ist das westliche Ende des Great Artesian Basin, dem weltgrössten Grundwassersee. Die in regelmässigen Abständen gebohrten Wasserlöcher waren für das Überleben in diesem trockenen Gebiet sehr wichtig. Erst dadurch konnte die spärlich mit Gras bewachsene Gegend mit Rindern beweidet werden. Auch für die alte Eisenbahnlinie (die Ghanstrecke) waren die Wasserlöcher nötig. In einer dieser gefassten Quellen nehmen wir im 30 Grad warmen Wasser ein erfrischendes Bad. Bei 40 Grad Lufttemperatur ist das angenehm kühlend, und dabei halten wir uns auch die vielen lästigen Fliegen vom Leib, wenn auch nur halsabwärts. Dazu ein Stubbie – was will man mehr?
Mit der Sonne sind die Fliegen verschwunden, dafür erscheinen die Mücken. Kleine heimtückische Viecher, die man erst bemerkt, wenn sie sich schon wie ein Tuch auf die nur leicht bekleidete Haut gelegt haben. Das Resultat von ein paar wenigen unvorsichtigen Sekunden: Über 150 Stiche, Albi nur etwa die Hälfte!
Der Oodnadatta Track ist wenig befahren, weshalb er kaum Wellblech hat, und führt durch schöne Wüstenlandschaft. Wir fahren durch die Anne Creek Station, eine Farm von der Grösse der halben Schweiz, aber sicher mit ein paar Kühen weniger. In Coober Pedy, dem kleinen Wüstenstädtchen, das vom Opalabbau lebt, sind wir bereits wieder vom Oodnadatta Track weg. Heute, Silvester, ist es total ausgestorben (vielleicht auch an anderen Tagen). Zum Glück hat der Grieche geöffnet und serviert uns erstaunlich gute Pizzas im tiefen Schatten der Veranda.
Die Silvesternacht verbringen wir im Marla Roadhouse, am Stuart Highway. Ohne Knallerei oder sonst was, einfach on the road, wie es sich im Outback gehört.
Die Bilder zur Australienreise findest du hier: Flickr