Auf dem Weg zum Kalahari Gemsbok Nationalpark überqueren wir immer wieder reissende Flüsse, deren Flussbett vor ein paar Tagen noch total ausgetrocknet war. Bei einem Boxenstopp, wo ich von einer riesigen Wespe in den Arm gestochen werde (ja, ja, die gefährlichen wilden Tiere Afrikas), können wir zuschauen, wie aus einem klaren kleinen Bach innert Minuten ein breiter brauner Fluss wird.
Auch der Gemsbok Park hat dieses Jahr genug Regen abbekommen. Der für seine roten Sanddünen bekannte Nationalpark hat sich ein grünes, mit vielen Blumen geschmücktes Kleid zugelegt. Dadurch bekommen wir auch nicht so viele Tiere zu Gesicht.
Wie gewohnt stehen wir früh auf und sind um 6.05 wie immer die ersten, die durch die Camptore fahren. Wenn man als erstes Fahrzeug im Park unterwegs ist, sieht man die meisten Tiere. Und prompt landen wir noch in der Dämmerung neben einem Löwen. Um ihn fotografieren zu können, müssen wir zuerst, das Objektiv wechseln: Mit dem Telezoom hätte ich nicht mal den ganzen Kopf auf Bild gekriegt, so nah war die Katze!
Dann verfärbt sich langsam der Himmel, und die Sonne steigt über den Horizont. Wir sehen, dass sich die Sonne leider nicht lange zeigen wird, weil im Osten ein Wolkenband ist. Deshalb wäre es schön, wenn in den nächsten Minuten westlich der Strasse (wegen dem Licht) noch ein Löwe anzutreffen wäre. Kaum gesagt, wird unser Wunsch erfüllt: Auf einer roten Sanddüne geniesst ein prächtiges Exemplar die ersten Sonnenstrahlen. Wenn wir es nicht eh schon wären, würden wir uns mal wieder zu den glücklichsten Leuten überhaupt zählen.
Wegen den vielen Wasser- und Schlammpassagen, die wir ja mittlerweile gewohnt sind, stecken immer noch viele Leute im Nossob Camp fest. Mit ihren zweiradgetriebenen Fahrzeugen bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zu warten, dass die Pisten wieder abtrocknen. Wir bleiben nicht solange und machen uns auf den Weg nach Upington.
Upington ist das grosse Versorgungszentrum in diesem Teil von Südafrika, aber wir suchen vergebens nach einer englischsprachigen Zeitung. Überall im Land wurden wir jeweils nach etwas Suchen fündig, aber hier nicht. Das einzige, was uns angeboten wird, ist eine sechs Tage alte Sonntagszeitung. Auch sonst scheint diese Stadt eher ein kleines Dorf zu sein. Als wir nämlich unser total verschmutztes Auto waschen lassen, werden vom Garagenbesitzer die zwei hier ansässigen Schweizer von unserer Ankunft avisiert. Hanspeter, der von hier aus Kalahari-Touren anbietet kommt uns ein paar Stunden später auf dem Campingplatz besuchen und wir geniessen es, mit einem Europäer, der hier wohnhaft ist, über das Land diskutieren zu können.
Am nächsten Tag machen wir zusammen mit einem deutschen Ehepaar in einer kleinen Cessna einen Rundflug dem Oranje Fluss entlang zu den Augrabies Fällen, die jetzt, nach dem ausgiebigen Regen, tosend die Schlucht hinunterstürzen. Viel zu bald sind wir wieder auf festem Boden, mit dröhnenden Ohren zwar, aber glücklich, die Landschaft auch einmal aus der Vogelperspektive gesehen zu haben.
Natürlich schauen wir uns die Fälle auch noch per Auto und zu Fuss an und machen dabei die Bekanntschaft von Jacqueline, der zweiten Schweizerin in Upington. Sie ist seit zwei Jahren dort und betreibt ein Guesthouse. Sie freut sich, Schweizer zu sehen, mit denen sie französisch sprechen kann.
In der Nacht hat es heftig geregnet, und alles hat sich ins Trockene geflüchtet. So kommt es, dass wir in der Dusche gegen Heuschrecken, Motten und anderes Krabbelgetier kämpfen müssen. Etwas erschöpft aber sauber und erfrischt sind wir zur Weiterfahrt bereit.
Das Tagesziel heisst Cederberg Mountains, und wir fahren den ganzen Tag durch einsame, öde Landschaft. Einzig die Cape Cobra, die unser Auto angreift, bringt Abwechslung in unseren Tag. Dafür ist es in den Sederbergen um so schöner. Wir geniessen die frische Luft, den Campingplatz unter den riesigen Eukalyptusbäumen (Zedern hat es fast keine mehr hier, auch wenn die Berge nach ihnen benannt sind) und auch die Kameradschaft mit anderen Reisenden.
Hier lernen wir Margrit und Christa aus Österreich und aus Bayern kennen. Es sind zwei unkomplizierte ältere Frauen, die bereits seit Jahren immer wieder nach Afrika kommen. Ihr Landrover mit den österreichischen Nummernschilder befindet sich schon jahrelang auf diesem Kontinent und wird einfach irgendwo bei Freunden für ein paar Monate eingestellt, bis die zwei Frauen wieder Zeit zum Reisen haben.
Albi freut sich, ihnen behilflich sein zu können und verschwindet unter der Motorhaube des Landys. Er schraubt immer noch sehr gerne an Autos herum, aber natürlich lieber an fremden. Als wir später im kühlen Gebirgsbach baden gehen, stelle ich fest, dass Albi wieder einmal so richtig nach Landrover riecht, vor allem dieser feine altbekannte Getriebeölduft steigt mir in die Nase.
Natürlich sitzen wir bis spät in die Nacht mit unseren neuen Freunden am Feuer und tauschen Erfahrungen und Gedanken aus.
Wir fahren durch den Obstgarten vom Kap. Zitronen, Orangen und Äpfel (natürlich auch die bei uns bekannten Granny Smith) werden hier in grossen Mengen produziert. Im Moment ist gerade die Apfelernte im Gang, und immer wieder kommen uns völlig überladene Laster entgegen. Ab und zu kippen in einer Kurve ein paar Kisten herunter, so dass es aussieht, wie wenn die Äpfel gleich neben der Strasse wachsen würden.
Wir gehen zum dritten Mal nach Wilderness, aber diesmal sind nicht Ferien angesagt sondern Arbeit. Wir wollen die Rückschiffung unseres Autos von hier aus organisieren. Dazu quartieren wir uns in einem sogenannten Forest Hut des Nationalparks ein. Das ist eine einfache Blockhütte mit vier Betten und einem Tisch, wo Albi sein Laptop hervornimmt und per Mail die Seefracht organisiert.
Da es immer wieder regnet, fühlen wir uns in der trockenen Hütte wohler als auf dem Campingplatz. Wir gehen nochmals bei den zwei Schweizern im ‚Palms‘ dinieren und stellen erneut fest, dass sich die horrende Ausgabe von R 265 (etwa Fr. 70) auf jeden Fall lohnt.
Etwas wehmütig nehmen wir Abschied von dem uns liebgewonnen Wilderness und machen uns auf den Rückweg nach Capetown. Unterwegs verbringen wir noch ein paar Tage in der Weingegend um Stellenbosch, dann fahren wir nach Hout Bay, beziehen bei Jochen und Daniela wieder eines der schönen Zimmer, räumen unser Auto leer und stellen die ganze Ausrüstung in ihre Garage. Wir wagen es nicht, ein volles Auto irgendwo in der Stadt zu parken, die Versuchung für Autoknacker wäre wohl trotz bewachten Parkplätzen zu gross.
Wir erledigen noch die letzten Einkäufe und bereiten unser Auto auf die lange Schifffahrt vor. Dazu gehört natürlich auch eine ausgiebige Wäsche, wo sechs Leute während einer ganzen Stunde unseren Cruisy auf Hochglanz bringen. Keine Stelle wird übersehen, vom Dachzelt schamponieren über Polster staubsaugen und Armaturenbrett polieren bis zum Schwärzen der Reifen.
Uns bleibt nur noch übrig, das Auto wieder zu beladen, mit Souvenirs vollzustopfen und zum Hafen zu fahren, wo wir endlich Marina, unsere Agentin, kennenlernen. Obwohl wir bisher nur per Mail oder telefonisch mit ihr in Kontakt waren, hat sie alles bestens vorbereitet. Nach nur anderthalb Stunden ist alles erledigt: Das Carnet de passage abgestempelt, der richtige Container gefunden, der Cruisy festgezurrt, die Zollinspektion erledigt, Frachtkosten und Gebühren bezahlt und das alles ganz ohne Stress. Im Gegenteil, wir haben genügend Zeit, uns nebenbei mit Marina zu unterhalten.
Einzig die Bill of Lading (die Frachtpapiere) haben wir noch nicht, weil diese erst nach Abfahrt des Schiffes ausgestellt werden kann. Aber natürlich klappt auch die Zusendung dieser Papiere in die Schweiz tiptop. Wir haben noch gar nie so einfach, effizient und angenehm ein Auto verschifft!
Nach ein paar weiteren schönen Tagen in Capetown fliegen wir am 28. März 2000 vom südafrikanischem Herbst in den Schweizer Frühling zurück, wo wir von unserem Hund Prinz freudig begrüsst werden.
Die Bilder zur Reise ins südliche Afrika findest du hier: Flickr