Wir schlafen in einem Park. Der Boraboy Gölü Park ist ein grosses Areal um einen See mitten im Wald. Wegen des Feiertages hat es am Nachmittag noch ganz viele Leute. Die Picknicktische sind alle belegt, meist mit Familien. Was fast bei keinem der Tische fehlt, ist der Teeofen: Im untersten Behälter brennt ein Feuer, dann kommt das heisse Wasser, und oben ist der Teekrug. In der Türkei ist Tee DAS Getränk schlechthin. Es wird zu jeder Tageszeit getrunken. Wir begnügen uns mit einem zum Frühstück und einem nach dem Mittagessen. Dasjenige nach dem Mittagessen kostet in den einfachen Restaurants meist nichts. Das ist wie das Brot, er gehört zum Essen.
Abends sind wir dann alleine im Park, zumindest die einzigen Menschen. Ein paar Hunde hat es, davon einer, der unseren Platz als seinen Nachtsitz auserkoren hat. Wenn nachts immer mal wieder ein stattlicher Kangal eine oder zwei Minuten lang bellt, wacht man garantiert auf. Das nächtliche Bellen der Hunde, die tagsüber meist faul irgendwo rumliegen, ist Normalität im besiedelten Teil des Landes. Ebenso wie der Gebetsruf des Muezzin. Fünfmal am Tag wird der Ruf (heute natürlich mittels einer Aufnahme über Lautsprecher) von jeder Moschee verbreitet. Diejenigen am Mittag, am Nachmittag und zum Sonnenuntergang stören nicht. Aber bei demjenigen zur vollständigen Dunkelheit sind wir meist schon im Bett. Und derjenige zur Dämmerung ist jetzt im Mai sehr früh, im Osten zum Teil schon um vier Uhr.
Aber da wir gerne einsam in der Natur übernachten, hören wir den Gebetsruf meist nur schwach aus grosser Entfernung. Lustig wird es, wenn man im Einzugsbereich von mehreren Moscheen ist. Dann kommt man in den Genuss von nicht nur unterschiedlichen Rufen, sie sind dann eigentlich immer auch ein paar Sekunden zeitversetzt.
Unsere Route führt uns erneut an die Schwarzmeerküste. Um Sinop ist die Küste nicht stark zugebaut und ist landschaftlich schön. Das Navigieren ist hier nicht so einfach wie gewohnt. Immer wieder verlieren unsere Geräte das GPS Signal, wahrscheinlich wird es wegen des Ukrainekrieges von wem auch immer gestört, so dass im Schwarzen Meer Ziele nicht genau angesteuert werden können.
Wir verlassen die Küste wieder und landen in Safranbolu, dessen alter Stadtteil ein UNESCO Kulturerbe ist. Wir schauen uns diese osmanische Stadt an. Die Häuser sind schön erhalten, bzw. renoviert, und alles ist für Touristen (hauptsächlich einheimische) eingerichtet.
Bei Mudurnu liegt Burj al Babas, ein Geisterdorf. Eine Firma, die Zementfabriken besitzt, plante ein grosses Ferienresort. 587 identische schlossartige Betonhäuser wurden gebaut. Bisher ist noch keines fertiggestellt, und viele sind bereits im Zerfall. Offenbar waren Leute aus der Golfregion die Hauptzielgruppe.
Mittlerweile ist das Wetter sommerlich geworden. So sommerlich, dass uns im Stau durch die Grossstadt Bursa die Kleider am Körper kleben.
Ab Bursa ist die Landschaft recht eintönig. Sie besteht fast nur noch aus Landwirtschaft, auch wenn die häufiger werdenden Reisfelder, die jetzt geflutet sind, fürs Auge etwas Abwechslung bringen.
So sind wir nun etwas schneller als gedacht wieder am Marmarameer angekommen. Diesmal überqueren wir die Dardanellen nicht mit der Fähre sondern auf der Brücke. Und schon setzen wir uns in Gelibolu ein letztes Mal in ein türkisches Restaurant und geniessen ein feines Mittagessen, bevor wir die letzten Kilometer zur türkisch-griechischen Grenze fahren.
Das war‘s mit unserer (bestimmt nicht letzten) Türkeireise. Wir sind in den vergangenen 7 Wochen in der Türkei 12500 km gefahren, haben dabei wunderschöne Gegenden entdeckt und viele freundliche Menschen kennengelernt.
Vielen Dank für die interessanten Reiseberichte und die schönen Bilder, wünschen eine gute Heimreise.
Alfred