Wir sind froh, wieder mit den eigenen Rädern unterwegs zu sein, vermissen aber Urs. Abends sitzen wir im Dunkeln und fühlen uns in den ersten Tagen recht einsam. Nachdem wir die ehemals holländische Stadt Melakka besichtigt haben, fahren wir quer durch den Urwald an die Ostküste, wo wir uns erneut in Cherating niederlassen. Wir haben einiges am und im Auto zu tun, und hier können wir alles ausräumen und uns darum kümmern. Als erstes muss der Benzintank runter – er leckt! Wir putzen ihn, lassen ihn gut trocknen und dichten ihn mit Silikon. Nun müssen wir die Sache einige Tage aushärten lassen.
Wir studieren die in Singapore gekauften Reiseführer, damit wir die Zukunft etwas planen können. Wir haben vor, Malaysia und Thailand zu bereisen und dann von Penang (Malaysia) aus mit der Fähre nach Indonesien zu fahren. Dort steht Sumatra, Java, Bali, Lombok und Timor auf dem Programm, bevor wir nach Australien übersetzen.
Während der Tank am Trocknen ist, treffen Mandi und Caroline in Cherating ein. Wir verbringen ein paar gemütliche Tage zusammen. Entweder basteln wir gemeinsam an unseren Landys, oder wir sitzen auf der Veranda und erzählen uns gegenseitig von unseren Erlebnissen. Wir geniessen ihre Gesellschaft, und nach drei, vier Tagen, bevor wir uns wieder voneinander verabschieden, haben wir das Gefühl, uns schon gut zu kennen. Mandi und Caroline fahren wieder nach Singapore, um ein Schiff nach Australien zu finden, und wir machen uns auf den Weg, Südostasien zu entdecken.
Über Marang kommen wir in den Norden nach Kota Bharu. Von hier aus fahren wir auf der East‑West‑Highway an die Westküste. Die Strasse ist ziemlich neu und führt durch das ehemalige Rückzugsgebiet der kommunistischen Rebellen. Wir verstehen, dass sich die Rebellen hier gut verstecken konnten, denn der riesige Urwald ist hier nur durch die neue Strasse zugänglich. Es tut gut, soviel grün zu sehen.
Unser nächstes Ziel sind die Cameron Highlands. Hier haben sich früher die englischen Kolonialisten von der Hitze erholt. Nach zweistündiger Kurvenfahrt befinden wir uns im Teeanbaugebiet. Wo nicht noch Urwald steht, hat es Teebüsche. Die Plantagenarbeiter sind fast ausschliesslich Tamilen, die von den Engländern aus Indien geholt wurden. Böse Zungen sagen dazu: Die einheimischen Malaien seien zu faul und die ansässigen Chinesen zu schlau gewesen, um in den Plantagen zu arbeiten. Also wurden die arbeitsfreudigen und genügsamen Tamilen ins Land geholt. Mittlerweile bilden sie einen festen Bestandteil der zusammengewürfelten malaysischen Bevölkerung.
Bei einem Traveller‑Guesthouse finden wir einen Platz, wo wir ruhig stehen können. Als erstes nehmen wir unsere warmen Kleider hervor. Seit Paris haben wir diese Sachen tief unten verstaut und nicht gedacht, dass wir sie so schnell wieder benötigen. Aber hier oben wird es speziell nach Sonnenuntergang sehr kalt. Nun sind wir gerüstet, die Highlands zu erkunden.
Wir besuchen eine Teeplantage und sehen zu, wie aus den von Hand gepflückten Blättern Tee wird. Ausser den paar ausländischen Touristen und den Wochenendausflüglern aus der Hauptstadt Kuala Lumpur ist die Teeproduktion der Haupteinnahmezweig in den Cameron Highlands. Die Dreckstrassen sind voll von alten und uralten Landrovern, die hoch beladen die mit Tee gefüllten Körbe in die Fabriken bringen. Albi hat seine helle Freude an so vielen englischen Oldtimern. Natürlich geniessen wir auch das für mich recht ungewöhnliche indische Essen. Es ist sehr scharf, schmeckt aber ausgezeichnet!
Leider ist uns das Wetter nicht wohlgesinnt. Der Regen und die Kälte treiben uns wieder ins Flachland, genauer in die Hauptstadt. Wir quartieren uns im Kowloon Hotel im Zentrum von Kuala Lumpur ein. Zuerst beantragen wir auf der thailändischen Botschaft ein Visum, dann profitieren wir von den Annehmlichkeiten, die eine Stadt bieten kann. So zum Beispiel eine Pizza. Auf dem American Express Büro stocken wir unseren Vorrat an Travellers Checks auf.
Nachdem wir die Visa in den Pässen haben, fahren wir zur Stadt heraus und machen noch einen Halt bei den Batu Caves. Hier findet jedes Jahr das grösste tamilische Fest statt. Während dem Taipusam lassen sich viele Männer in Trance versetzen und mehrere Metallhaken in die Rückenhaut stecken. Damit ziehen sie dann kleinere oder grössere Wagen kilometerweit zu den Tempeln der Batu Caves. Teilweise lassen sie sich auch Pfeile durch die Wangen oder sogar durch die Zunge stecken. In den Höhlen angekommen werden ihnen die Haken oder Pfeile wieder entfernt. Offenbar kommt es kaum zu Blutungen, nicht einmal bei den Zungenverletzungen. Leider sind wir zu früh dran, um auf den diesjährigen Taipusam zu warten.
Auf dem Weg nach Thailand machen wir nur kurz einen Abstecher nach Penang. Weil wir später von hier aus mit der Fähre nach Sumatra fahren wollen, werden wir noch genug Gelegenheit haben, die Insel zu erkunden. Was uns aber beeindruckt, ist die neue Brücke, die Penang mit dem Festland verbindet. Sieben Kilometer lang ist sie, und man hat das Gefühl, ewig über Wasser zu fahren. Wir stürzen uns kurz ins Gewühl von Georgetown und sind am nächsten Tag bereits wieder unterwegs. Diesmal setzen wir mit der Fähre aufs Festland über und fahren an die Grenze zu Thailand.
Die Bilder zur Reise 1990-1991 findest du hier: Flickr