Madhya Pradesh

27. November 1995

Einige Kilometer vor Ahmedabad treffen wir auf die National Highway Nr. 8 – endlich wieder eine Strasse, wo man schneller als 50 km/h fahren kann. Leider müssen wir sie viel zu schnell wieder verlassen.
Als wir im Gliedstaat Madhya Pradesh in einem unbewohnten (!) Gebiet zwecks Übernachtung neben die Strasse fahren, klopft es bald darauf am Auto. Draussen steht ein Polizist mit einem Gewehr, der uns hier wegjagen will. Weshalb, kann er uns nicht erklären, er spricht kein Englisch. Aber er will uns auf gar keinen Fall hier stehen lassen. Als wir uns fahrtüchtig machen, merken wir, dass ein ganzer Lastwagenkonvoi auf uns wartet. Wir schliessen uns der Kolonne an, und unser Ordnungshüter steigt mit seiner Flinte in den vordersten Lastwagen, und ab geht die Fahrt.
Während wir bei Dunkelheit hinter den Lastern herkriechen, fragen wir uns, weshalb hier im bewaffneten Konvoi gefahren wird. Hat es wilde Elefanten, menschenfressende Tiger oder gar irgendwelche Banditen. Wir wissen es nicht. Nach einstündiger Fahrt erreichen wir eine grössere Ortschaft, wo sich der Konvoi wieder auflöst, und wir stellen uns bei einer Tankstelle zum Schlafen hin.

28. November 1995

Nach dem Frühstück lassen wir unseren Reifen, der gestern durch einen eingefahrenen Stein Luft verloren hat, flicken. Der Reifenflicker hat schon mal etwas von Schlauchlosreifen gehört und gibt sich sehr Mühe, den Reifen ohne irgendwelche Maschine sorgfältig von der Felge zu bringen. Als er es geschafft hat, geht durch die um uns versammelte Menschenmenge ein lautes Murmeln: Aha, klar dass der Reifen platt ist, wenn gar kein Schlauch drin ist!
Wir finden, der Pneu sei nicht mehr zu flicken und holen einen Schlauch aus unserem Auto, aber der Pneuni meint, das schaffe er auch mit einem Flick. Als er dann den Reifen ohne Schlauch wieder auf die Felge zieht und aufpumpt, ist es den Zuschauern nicht mehr ganz wohl, und nachdem es dann noch plopp macht, und der Reifen dicht auf den Felgen ist, verstehen sie die Welt nicht mehr.
Unser nächstes Ziel ist die alte Stadt Mandu, wo wir es uns im Garten des Tourist Cottage bequem machen.

29. November 1995

Für 500 Rupees (dafür kann man zweimal in einem guten Hotel übernachten oder zehnmal zu zweit gut essen gehen) telefonieren wir 6 Minuten lang in die Schweiz zu Albis Eltern. Sie wollen uns Ende Januar in Südindien besuchen kommen.

30. November 1995

Wir machen ausgiebige Besichtigungen der alten Paläste und Grabstätten in der Umgebung. Sogar einer Feuerbestattung können wir aus einiger Entfernung zusehen.

1. Dezember 1995

Die 30 km von Mandu zur NH 3 sind katastrophal! Alles ist voller Schlaglöcher und von den LkWs ausgefahren. Vor jedem Schlagloch müssen wir uns überlegen, wie genau wir es befahren wollen. Aber auch die Nationalstrasse ist in einem schlechten Zustand. Wir kommen heute kaum vorwärts.

2. Dezember 1995

Nach einem ganzen Tag Fahrt stellen wir uns zum übernachten auf die alte, nicht mehr benutzte Strasse. Die Leute vom nächsten Dorf sind durch unser Dasein so beängstigt, dass sie die Polizei holen. Nach langer Diskussion, wer wir sind, woher wir kommen, was wir hier tun, wohin wir gehen und vor allem, wie lange wir bleiben, lassen sie uns eine Nacht hier schlafen. Solche Situationen kommen sogar in der guten alten Schweiz vor…

3. Dezember 1995

Nach einem Kassensturz sieht unsere Finanzlage ziemlich düster aus: Wir sind noch im Besitz von ganzen 1500 Rupees, was wohl nicht mehr sehr weit reicht. In der nächsten grossen Stadt, in Nagpur, sollte es jedoch möglich sein, Geld umzutauschen. Wir merken erst bei einer Stadtrundfahrt, wo es erstaunlich wenig Leute in den Strassen hat, dass heute Sonntag ist. Genau die richtige Zeit, um Geld zu wechseln! Wir schaffen es trotzdem, im grössten Hotel der Stadt, 100 US Dollars umzutauschen.
Bei Raipur übernachten wir vor den Toren eines indischen Resorts. Der freundliche und stolze Manager freut sich, die Anlage einmal Ausländern vorführen zu können. Sie wird hauptsächlich zum Feiern von Hochzeiten benützt.

4. Dezember 1995

Am Morgen wird uns Tee offeriert, und sie haben uns sogar eine Mahlzeit zum Mitnehmen gekocht: Chilli Chicken und Fried Chola (Kichererbsen). Da wir unser Essen lieber frisch und heiss geniessen, kriegt Prinz heute ein super Abendessen. Weil es in Indien kein Hundefutter zu kaufen gibt, füllen wir seinen Napf jeweils mit einem Restaurantessen. Während wir essen gehen, lassen wir uns noch eine Portion Fried Rice (wenn’s geht mit Huhn, sonst mit Ei) oder sonst etwas Essbarem, das nicht zu scharf ist, einpacken. Es scheint ihm auf jeden Fall nicht zu schaden, er hat eine gute Verdauung, viel Energie, und auch sein Fell glänzt immer noch schön. Also scheint er genügend Vitamine und Mineralien zu bekommen.
An der Grenze zu Orissa hat es einen kilometerlangen Lastwagenstau. Die Lastwagenfahrer müssen bei jedem Grenzübergang in einen anderen Gliedstaat die Zollpapiere erledigen, aber wir fahren jeweils einfach durch. In Orissa wollen uns die Beamten nicht durchlassen, wir bräuchten zuerst einen Gatepass. Nachdem wir ihnen klarmachen, dass wir ein private vehicle („ah, private vehicle!“) seien, lassen sie uns passieren.
Wir fahren in die Berge und übernachten 50 km nach Sambalpur bei einem Truckstop.

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