Mit der ganzen Familie unterwegs

6. Februar 1996

Noch vor dem Mittag treffen wir in Bangalore ein. Im guten Woodlands Hotel nehmen wir ein Zimmer. Albi und ich werden im Zimmer schlafen und Simone mit Prinz im Wohnmobil.
Am Nachmittag machen wir über ein Reisebüro ein paar Hotelbuchungen für Grafs, und Simone telefoniert in die Schweiz, um zu erfahren, ob sich in letzter Minute noch etwas geändert hat. Am 9. Februar können wir sie am Flughafen abholen.
Wir machen uns auf die Suche nach einem guten Restaurant und werden im Khyber fündig. Nordindische Spezialitäten vom Feinsten!

7. Februar 1996

Heute gehen wir auf Einkaufstour. Simone kauft meterweise Stoffe ein, und Albi und ich klappern die kleinen Software-Buden ab. Für etwas mehr als Fr. 100 finden wir eine CD mit Windows und Office 95, made in China.
Abends statten wir dem berühmten Nilgiris Café einen Besuch ab.

8. Februar 1996

Mit dem armen Prinz, der fast die ganze Zeit im Auto verbringen muss, gehen wir zweimal am Tag in den Botanischen Garten, damit er anständig Auslauf hat.
Am Abend wollen wir chinesisch essen gehen. Da aber um halb acht das Restaurant noch nicht geöffnet hat, schauen wir uns nach einem anderen Lokal um und entdecken ein Kentucky Fried Chicken! Nach drei Monaten Indien läuft uns beim Gedanken an einen Burger das Wasser im Mund zusammen, und wir begeben uns ins tiefgekühlte Fast Food Lokal. Sogar für Prinz kaufen wir einen Chicken Burger, damit auch er mal wieder ein Stück Fleisch kriegt.

9. Februar 1996

Um sechs Uhr stehen wir auf und werfen uns in unsere beste Kleidung. Bei mir ist es der kürzlich erstandene Sari, der gar nicht so einfach zum anziehen ist. So herausgeputzt fahren wir zum Flughafen und warten auf die Ankunft von Albis Eltern und seinem Bruder.
Es folgt eine hektische halbe Stunde mit Begrüssung, Prinzengebell, Gepäcksuche und der feierlichen Übergabe von ein paar Packungen Fasnachtschüechli, diesem schweizerischen Leckerbissen, den wir bereits in unseren drei Jahren in Singapur vermisst hatten. Danach fahren wir alle ins luxuriöse Taj Residency Hotel, wo wir ausgiebig frühstücken und viele Neuigkeiten auszutauschen haben. Später legen sich Albert und Rita (Albis Eltern) schlafen und wir gehen mit Simone und Thomas in den Bazar.
In dem von uns ausgekundschaftete Khyber Restaurant füllen wir uns die Bäuche und legen uns nach diesem anstrengenden Tag müde ins Bett.

10. Februar 1996

Heute ist Albis Geburtstag. Eigentlich sollte es heute losgehen. Das gemietete Auto ist samt Chauffeur eingetroffen und fahrbereit. Aber Simone hat eine Bett-WC-Bett-WC….Nacht hinter sich und ist noch nicht reisetauglich. Also bleiben wir noch einen Tag hier. Albis Eltern schicken wir mit Francis, dem Chauffeur, auf eine Einkaufs- und Besichtigungstour, und wir gehen mit Prinz im Botanischen Garten spazieren.
Am Abend essen wir im Woodlands Hotel ein wunderbares südindisches Thali. Dabei erhält man einen Haufen Reis, verschiedene Gemüse und Chutneys, viel Currysauce und ein Joghurt aus Büffelmilch. Mit den Fingern der rechten Hand formt man Klumpen, die man sich dann in den Mund steckt. Es ist meistens sehr scharf und schmeckt ausgezeichnet. Dauernd laufen Kellner umher und füllen einem den Teller wieder auf.

11. Februar 1996

Mit einem Tag Verspätung, dafür mit einer beinahe gesunden Simone, kann’s losgehen. Nach einer kurzen Fahrt halten wir ausserhalb von Bangalore mal an, damit Prinz noch sein Geschäft machen kann. Dabei stellt sich heraus, dass Francis, der Fahrer des gemieteten Hindustan Contessa, laut Albert und Rita sehr gewagt gefahren sei, weil er uns nicht aus den Augen verlieren wollte. Wir beschliessen, Francis voraus fahren zu lassen, so können Grafs ihm genau sagen, wie schnell er fahren darf. Und wir halten uns dann einfach an seine Geschwindigkeit.
Zum Mittagessen halten wir kurz vor Mysore in einem Punjabi Dhaba, einem kleinen Strassenrestaurant, wo wir in einem schön angelegten Garten im Schatten speisen.
Ausserhalb von Mysore übernachten wir im Village Resort.

12. Februar 1996

Beim Auschecken merkt Albert, dass er seine Kreditkarte in Bangalore im Taj liegengelassen hat. Ein Telefonanruf dorthin bestätigt, dass sie noch an der Rezeption ist. Wir werden Francis zurück nach Bangalore schicken, aber erst nachdem wir alle im Mudumalai Nationalpark angekommen sind. Per Zufall haben wir wohl das gemütlichste Guesthouse der Gegend gebucht.
Am späten Nachmittag fahren wir mit dem Bus durch den Park und sehen dabei Elefanten, Spotted Deer, Pfaue, Sambar Hirsche und Affen. Nachher können wir den Arbeitselefanten bei der Fütterung zuschauen. Wir sind mittlerweile auch total ausgehungert und stürzen uns auf das reichhaltige Barbeque.

13. Februar 1996

Am Morgen, noch vor dem Frühstück, fahren wir nochmals eine Runde durch den Park und sehen dabei zusätzlich zu den Tieren einen Waldbrand. Der ist hausgemacht, weil die Parkangestellten die Vegetation am Strassenrand abbrennen und das Feuer nicht richtig löschen, so dass am Schluss der halbe Wald langsam vor sich hin brennt.
Mittags fahren wir wieder nach Mysore, aber diesmal haben wir eine Unterkunft im Stadtzentrum. Weil wir den Prinz nicht ins Zimmer des Hotel Siddharta mitnehmen können, campieren wir auf dem Parkplatz.
Während wir im Wohnmobil sitzen und versuchen, ein Buch zu lesen, starren dauernd Leute zu uns herein, und zwar so aufdringlich wie selten. Der Hotelparkplatz scheint auch noch ein Drive-in-Restaurant zu sein, so dass wir nicht zur Ruhe kommen. Deshalb machen wir uns auf die Suche nach einem ruhigeren Plätzchen. Im Green Hotel, leicht ausserhalb gelegen, finden wir einen wunderschönen und gemütlichen Garten mit freundlichen Leuten. Fürs Zimmer bezahlen wir fast nichts, weil wir nur das Bad brauchen und im Auto schlafen.
Im Hotel Metropole essen wir alle zusammen ein fürstliches Abendessen.

14. Februar 1996

Heute machen wir einen Besichtigungstag und besuchen die Sehenswürdigkeiten der Sandelholzmetropole.

15. Februar 1996

Frühstück gibt’s bei uns im Hotel, dann fahren wir nach Hassan, wo wir uns zuerst im Hotel einquartieren und am Nachmittag eine kleine Rundfahrt zu den alten Tempeln von Halebid und Belur machen.
Nach dem Abendessen wollen wir noch einen Cay trinken gehen. Thomas, der bahnerfahrene Indienreisende, hat die glorreiche Idee, uns alle an den ausserhalb gelegenen Bahnhof zu führen, wo sich weder irgendein Mensch, geschweige denn ein Cay Shop befindet.

16. Februar 1996

Früh am Morgen fahren wir nach Sravanabelgola und steigen auf den Berg, wo sich ein Jain-Tempel mit riesiger Statue befindet. Zurück in Hassan verbringen wir einen ruhigen Nachmittag im Freien mit lesen. Prinz freut es, dass er die ganze Zeit mit uns draussen auf einem abgeernteten Feld sein darf.

17. Februar 1996

Unsere nächste Etappe führt uns nach Chitradurga, wo wir kein Hotel reservieren konnten, weil nichts im Reiseführer stand. Die erste Lodge, die wir besichtigen ist basic: 60 Rs. für ein Zimmer mit zwei Betten, WC und Dusche. Aber alles ist neu und sehr sauber, findet jedoch bei Grafs keinen Anklang. Nach langem Suchen landen wir schlussendlich doch noch im besten Hotel des Ortes, wo es für 500 Rs. ein Vierbett-Zimmer voller Schmutz und ohne Warmwasser gibt. Simone zieht es vor, bei uns im Floh zu nächtigen.

18. Februar 1996

Frühstück gibt’s an einem Truckstop, dann fahren wir weiter nach Hampi. Gerade rechtzeitig zum Mittagessen treffen wir im Hotel ein. Das Auto können wir gleich hinten neben unserem Zimmer hinstellen. So können wir den Kühlschrank an den Strom hängen und Prinz ungesehen ins Zimmer nehmen.
Den Nachmittag verbringen wir alle mehr oder weniger dösend. Abends quetschen wir uns zu siebt in den Contessa und fahren ins Dorf.

19. Februar 1996

Wir machen eine grosse Besichtigungstour dieser alten und zum Teil noch gut erhaltenen Stätte. Aber schon bald wird es einfach zu heiss, und wir flüchten ins kühle Hotel zurück, wo wir den Nachmittag wie gewohnt verbringen.

20. Februar 1996

Weil wir die Strecke nach Goa nicht an einem Tag schaffen, machen wir in Hubli Zwischenhalt. Im Woodlands Hotel finden wir gute Zimmer und ein ausgezeichnetes Restaurant.

21. Februar 1996

Unterwegs nach Goa treffen wir Eva und Helmut, ein deutsches Paar mit Landy und ihrem jungen Hund Indus. Wir plaudern kurz zusammen und machen ab, dass sie uns in ein paar Tagen im Resort besuchen kommen.
Am frühen Nachmittag, in der grössten Hitze, besichtigen wir die prachtvollen Kirchen von Old Goa, dann fahren wir an die Calangute Beach, wo wir eine Übernachtungsmöglichkeit suchen. Fürs Resort sind wir einen Tag zu früh, es ist erst ab morgen gebucht.
Abends gibt es ein grosses Seafoodessen in einem Strandcafé. Ausnahmsweise, weil’s der letzte Tag ist, lässt sich Francis, der Chauffeur, zum mitessen überreden.

22. Februar 1996

Auf den Mittag treffen wir im Goa Renaissance Resort, einem teuren Nobelhotel, ein. Beim Einchecken verlangen wir einen Ground Floor Room, weil wir einen Hund dabei haben. Die Guest Relation Angestellte ist darüber ganz schockiert und muss sofort mit dem Management sprechen. Was aus diesem Gespräch rauskommt, erfahren wir nicht. Es sagt uns niemand: Ja, Hund erlaubt oder nein, Hund verboten. Da wir es auch nicht allzu genau wissen wollen, schmuggeln wir Prinz jeweils vom Parkplatz ums ganze Resort und am Strand entlang beim Hintereingang ins Zimmer.
Am Strand gibt es sechs (!) Sonnenschirme, und wir sind überglücklich, als einer gerade frei wird.
Das Abendessen nehmen wir mit Entertainment am Swimmingpool ein.

23. Februar 1996

Die erste Hälfte des Tages verbringen wir am Strand, die andere, heisse Hälfte im kühlen Zimmer. Abends treffen noch Razia und Baakir im Hotel ein. Sie sind indische Geschäftsfreunde von Albert und Rita. Wir dinieren im gediegenen französisch-goanischen Hotelrestaurant. Simone zerlegt einen Lobster, Albi und ich geniessen ein (unblutiges) Châteaubriand, und der Rest labt sich an den lokalen Köstlichkeiten. Nach vier Monaten Indien zerläuft uns dieses sicher nicht allzu zarte Stück Fleisch (Wasserbüffel oder doch eine heilige Kuh?) richtiggehend im Mund.

24. Februar 1996

Albi und ich machen eine Shoppingtour in Margao und erstehen dabei einen Autofan und Cashewnüsse, die sich später als ungeniessbar herausstellen. Abends setzt sich die ganze Grafsche Gesellschaft zusammen und bespricht, wie wir alle am besten nach Poona, der Heimatstadt von Razia und Baakir, kommen. Baakir hat sich die Sache schon genau überlegt und beschliesst folgendes: Er und Razia fahren bei uns im Wohnmobil mit, ebenso wie sämtliches Gepäck (und sie haben für die fünf Tage mehr dabei als Grafs für die ganzen drei Wochen!), der Rest mietet sich ein Auto mit Chauffeur. Da morgen Sonntag ist, scheint die Sache mit der Fahrzeugmiete etwas schwieriger zu werden. Aber unser Hauptproblem besteht darin, dass wir Razia und Baakir (geschweige denn das ganze Gepäck) nicht im Floh mitnehmen können, weil wir die 500 km bis Poona nicht an einem Tag schaffen und so gezwungen sind, unterwegs zu übernachten – im Wohnmobil natürlich. Worauf Baakir, ganz in der Art der reichen Inder, die sich Widerspruch nicht gewohnt sind, schockiert meint, dass es doch viel zu gefährlich sei, einfach irgendwo zu übernachten, ausserdem seien die Betten im Turf Club, wo wir in Poona nächtigen sollten, viel bequemer, und überhaupt sei es gar kein Problem, die Strecke an einem Tag durchzufahren. Wir erwidern, dass es wohl möglich sei, bis in alle Nacht zu fahren, aber wir würden nie bei Dunkelheit fahren, schon gar nicht in Indien, wo weiss nicht was alles ohne Licht auf den Strassen unterwegs ist. Auch sei er sich doch im klaren, dass wir nun bereits seit Beginn unserer Reise fast jede Nacht im Wohnmobil übernachtet haben, sei es bei einem Guesthouse, an einer Tankstelle, irgendwo auf einem Feld oder auch nur neben der Strasse.
Bei diesem und anderen Gesprächen merken wir, dass Razia und Baakir neben ihrer freundlichen und zuvorkommenden Seite nicht nur den Hotelangestellten gegenüber die arrogante und unangenehme Seite der reichen Oberschicht zeigen können.

25. Februar 1996

Heute kriegen wir Besuch. Eva und Helmut tauchen im Resort auf. Mit ihnen verbringen wir den ganzen Tag am Strand und geniessen auch mal wieder die einfache Kost im Strandcafé, wo wir für zehnmal weniger Geld essen als gleich nebenan im Fünfsternhotel. Auch geniessen wir es, mit Gleichgesinnten übers Reisen und alles was dazugehört zu reden.

26. Februar 1996

Wir machen uns auf den Weg nach Poona. Simone begleitet uns noch dieses letzte Stück im Wohnmobil. Für den Rest der Gruppe hat Baakir eine Fahrt mit dem Nachtbus organisiert, weil es nicht mehr möglich war, ein Mietauto mit Chauffeur aufzutreiben.
Wir fahren den ganzen Tag und kommen bis 150 km vor Poona, wo wir seit langem wieder einmal abseits übernachten.

27. Februar 1996

Gegen zehn Uhr treffen wir im Turf Club ein. Albert und Rita sind natürlich bereits dort und erholen sich etwas von der Busfahrt. Wir machen dasselbe und geniessen die Atmosphäre des aus der Kolonialzeit stammenden exklusiven Clubs. Prinz müssen wir diesmal nicht hineinschmuggeln, sondern wir führen ihn wie selbstverständlich neben dem Portier vorbei die knarrende Holztreppe hinauf ins Zimmer.
Am Nachmittag setzen wir uns zum High Tea mit Scones auf die Terrasse.

28. Februar 1996

Razia macht mit uns eine Einkaufstour. Ich lasse mich dazu verführen, einen sündhaft teuren (Rp. 1000) Shalwar Kameez zu kaufen. Es macht aber auch ohne viel kaufen zu wollen Spass, da uns Razia in die interessantesten Läden führt. Sogar Albi findet es toll, einen halben Tag lang immer vollbeladener durch die Stadt zu ziehen.
Zur Feier des Tages ziehen wir uns für den letzten gemeinsamen Abend die neu gekauften Kleider an. Albi passt in seinem pakistanischen Dress sehr gut dazu.

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